Kambodscha,
Republik in Südostasien. Das Staatsgebiet grenzt im Nordosten
an Laos, im Osten und Südosten an Vietnam, im Südwesten an den Golf
von Thailand und im Westen und Nordwesten an Thailand.
Kambodscha hat eine Gesamtfläche von 181035 Quadratkilometern.
Die Hauptstadt und zugleich größte Stadt des Landes ist Phnom Penh.

Das Kerngebiet Kambodschas bildet eine
weite Schwemmland-ebene. Sie besteht im Wesentlichen aus dem Mekong,
der in nordsüdlicher Richtung durch das Land fließt, und dem Tonle
Sap (Großer See), der während der Trockenzeit eine Fläche von rund
2 600 Quadratkilometern und in der Regenzeit eine Fläche
von etwa 10 400 Quadratkilometern bedeckt. Den Abfluss
des Sees bildet der gleichnamige Fluss, der während der Trockenzeit
Richtung Süden in den Mekong fließt. Während der Regenzeit schwillt
der Mekong so stark an, dass seine Hochwasser in den Tonle Sap abfließen
und die mittleren Landesteile überfluten. Im Osten dieses Tieflandes
liegt ein sanft gewelltes Hochplateau. Im Südwesten bildet das Kardamomgebirge
eine Abgrenzung gegen die Küste und im Norden erhebt sich die Dangrek-Kette
(Phanom Dong Rok).
Klima
Das Klima Kambodschas
wird vom tropischen Monsun bestimmt. Die mittlere Jahrestemperatur
liegt bei 26,7 °C. Die Regenzeit dauert von Mitte April bis
Mitte Oktober. Im Jahresmittel fallen rund 1 400 Millimeter
Niederschläge im zentralen Tiefland und über 3 800 Millimeter
in den Gebirgsländern und an der Küste.

Rund drei Viertel der Landesfläche
Kambodschas sind bewaldet. Die dichtesten Wälder finden sich in
den Bergen und an der Südwestküste. Auf den Hochebenen und Hochplateaus
dominiert die Savanne mit hohen, derben Gräsern. Kautschukbäume,
Kapokbäume, Palmen, Kokosnusspalmen und Bananenstauden sind weit
verbreitet.
In
der vielfältigen Tierwelt kommen Elefanten, Hirsche, Wildrinder,
Büffel, Leoparden, Bären und Tiger vor. Daneben gibt es Kormorane,
Fasane, Enten und Giftschlangen wie Kobras.
Bevölkerung
Rund 94 Prozent
der Kambodschaner sind Angehörige des Khmervolkes. Die restlichen
sechs Prozent der Bevölkerung bestehen vorwiegend aus den Minderheitengruppen
der Chinesen, Vietnamesen und Thai sowie aus den in den Bergländern
wohnenden Cham und Malaien. Über 85 Prozent der Bevölkerung
leben auf dem Land.
Kambodscha
hat etwa 10 Millionen Einwohner, woraus sich eine Bevölkerungsdichte
von 55 Einwohnern pro Quadratkilometer ergibt. Die Lebenserwartung
liegt für Männer bei 47 Jahren, für Frauen bei 50 Jahren.
Während der Terrorherrschaft der Roten Khmer starben zwischen 1975
und 1979 mindestens zehn Prozent der Bevölkerung.
Wichtige
Städte
Die Hauptstadt Phnom
Penh (etwa 900 000 Einwohner) liegt am Zusammenfluss von
Mekong und Tonle Sap. Weitere wichtige Städte sind Battambang (94 000 Einwohner),
Kampong Cham (33 000 Einwohner) und Kampot (15 000 Einwohner).
Der bedeutendste Seehafen ist Kompong Som (16 000 Einwohner),
früher Sihanoukville, am Golf von Thailand. Ende der siebziger Jahre
ging die Einwohnerzahl der größeren Städte zurück, da die Bewohner
entweder flüchteten oder in ländliche Gebiete umgesiedelt wurden.
Sprache
und Religion
Amtssprache ist Khmer. Früher
war Französisch eine wichtige Zweitsprache, aber der Gebrauch der
französischen Sprache wird missbilligt.
Rund
90 Prozent der Bevölkerung sind Anhänger des Theravada-(Hinayana-)Buddhismus.
Der Hinduismus übt einen wichtigen kulturellen und historischen
Einfluss aus. Weitere Religionen sind Katholizismus, Islam und Mahayana-Buddhismus.
Die Bergstämme sind Anhänger von Naturreligionen.

Das kulturelle Erbe der
Khmer-Dynastien ist von großer Bedeutung für die südostasiatische
Kunst und Architektur und spiegelt sich in vielen Bereichen des
heutigen Kambodscha wider. Viele Gebäude, wie der Königspalast in
Phnom Penh, sind nach dem architektonischen Stil der Khmer erbaut
und mit Motiven wie dem Garuda, einem mythischen symbolischen Vogel
aus dem Hinduismus, verziert. Auch handgearbeitete Waren, oft aus
Gold- oder Silberlamé, enthalten alte Motive. Der klassische kambodschanische
Tanz stellt in traditioneller Weise die Legenden über das Leben
ehemaliger religiöser Gottheiten dar.
Bildung
und Schulwesen
Rund 48 Prozent
der Kambodschaner können lesen und schreiben. Die durch den Krieg
und den ideologisch geschürten Wandalismus Ende der siebziger Jahre
unterbrochenen Regierungspläne zum Wiederaufbau und zur Ausweitung
des Bildungssystems werden gegenwärtig erneut in Gang gesetzt. Der
Besuch öffentlicher Schulen ist unentgeltlich. Sekundarschulen und
höhere Schulen gibt es bisher nur in begrenzter Zahl. Die Einrichtungen
für höhere Bildung wurden Ende der siebziger Jahre geschlossen,
und viele Lehrer wurden getötet oder starben an Hunger oder Krankheit.
Sehenswürdigkeiten
Die im Nordwesten Kambodschas
entdeckten Ruinen des ehemaligen Khmer-Reiches sind eine der reichsten
und bemerkenswertesten archäologischen Stätten der Welt. Besonders
nennenswert sind die Überreste der Hauptstadt des Khmer-Reiches
Angkor Thom, die um 850 erbaut wurde, und im Süden der Tempel Angkor
Wat, dessen Bau in der Zeit von 1112 bis 1152 erfolgte.
Medien
Alle wichtigen Kommunikationssysteme
Kambodschas werden von der Regierung kontrolliert. Zwischen den
großen Städten gibt es Funkverbindungen. Der Telefon-, Telegraphen-
und Postdienst wurde 1979 wieder aufgenommen.

Im April 1975 kam Kambodscha
als Demokratisches Kampuchea unter die Herrschaft der Roten Khmer,
nachdem die 600 Jahre dauernde Zeit der Monarchie bereits seit
dem Sturz von Prinz Norodom Sihanouk 1972 durch General Lon Nol
abgeschafft worden war. 1979 setzte eine Rebellenorganisation, die
Kampuchean National United Front for National Salvation (KNUFNS),
unterstützt durch vietnamesische Truppen die Regierung der Roten
Khmer ab und rief die Volksrepublik Kampuchea aus. 1989 wurde das
Land in Staat Kambodscha umbenannt.
Die
KNUFNS stellte einen aus 14 Mitgliedern bestehenden Volksrevolutionsrat
zur Regierung des Landes auf. Im März 1981 wurde ein Verfassungsentwurf
verkündet und im Mai Parlamentswahlen für die Vergabe der 117 Parlamentssitze
abgehalten. Die Exekutive (ausführende Gewalt) lag beim Vorsitzenden
des Staatsrates sowie beim Vorsitzenden des Ministerrates (Premierminister).
Fortgesetzte bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen diesen Splittergruppen
machten eine wirkungsvolle Regierung des Landes praktisch unmöglich.
Im
Oktober 1991 wurde ein Abkommen unterzeichnet, das der UN und einem
zwölfköpfigen Obersten Nationalrat bei der Regierung des Landes
bis zur Wahl einer konstituierenden (verfassunggebenden) Versammlung
ein Mitspracherecht einräumte. Prinz Norodom Sihanouk wurde zum
Vorsitzenden des Obersten Nationalrates bestimmt. Die allgemeinen
Wahlen vom Mai 1993 brachten eine neue Koalitionsregierung an die
Macht. Im September 1993 ratifizierte (bestätigte) die Regierung
eine neue Verfassung, die eine pluralistische demokratische Regierung
mit einer konstitutionellen Monarchie vorsah. Die Roten Khmer verweigerten
die Anerkennung der Wahlergebnisse und stellten in dem noch von
ihnen kontrollierten Gebiet (etwa zehn Prozent Kambodschas) eine
Gegenregierung auf.
Verteidigung
Kambodschas Streitkräfte
bestehen aus etwa 102 000 Mann. Von 1979 bis 1989 besetzten
rund 140 000 vietnamesische Soldaten das Land.

Die wichtigste Stütze der
Wirtschaft Kambodschas ist die Landwirtschaft. Annähernd 75 Prozent
der Erwerbstätigen Kambodschas sind hier beschäftigt. Vor dem Beginn
des Krieges und der Bürgerkriegsunruhen während der siebziger und
achtziger Jahre war Kambodscha weitgehend autark (unabhängig) in
Bezug auf Nahrungsmittel. Trotz geringer Erträge auf kleinen Flächen
und des Anbaus von nur einer einzigen Ackerfrucht pro Jahr wurden
beachtliche Mengen Reis exportiert. 1974 musste dagegen Reis eingeführt
werden. Die Produktion von Kautschuk, des zweitwichtigsten Agrarprodukts,
ging ebenfalls zurück. 1975 verstaatlichten die Roten Khmer, welche
die neue Regierung bildeten, sämtliche Produktionsmittel und die
Landwirtschaft. Die Agrarproduktion verzeichnete einen leichten
Anstieg, bis der Krieg 1978 und 1979 die Ernte und das Anpflanzen
von Reis verhinderte, worauf eine große Hungersnot folgte. Die Folgen
des Krieges waren ebenso schwer wiegend für die kleine verarbeitende
Industrie; auch wurden viele Verkehrs- und Kommunikationsverbindungen
zerstört. Mitte der achtziger Jahre begannen sowohl die Landwirtschaft
als auch die Verarbeitungsindustrie, sich von den Kriegsjahren zu
erholen. Nichtsdestoweniger blieb Kambodscha eines der ärmsten Länder
der Welt.
Landwirtschaft
Reis ist die wichtigste
Feldfrucht der kambodschanischen Landwirtschaft. Kautschuk, das
andere bedeutende Agrarprodukt des Landes, wird vor allem auf den
Hochplateaus im Osten des Landes gewonnen. Weitere wichtige landwirtschaftliche
Erzeugnisse sind Mais, Maniok, Sojabohnen, Sesam, Palmzucker und
Pfeffer. Mangos, Bananen und Ananas werden für den Eigenbedarf angebaut.
Forstwirtschaft
und Fischerei
Infolge unzureichender
Verkehrsverbindungen wurde von den weiten, potentiell wertvollen
Waldbeständen Kambodschas bisher nur ein kleiner Teil genutzt.
Der
Fischfang ist ein wichtiger Wirtschaftszweig und dient der unmittelbaren
Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung. Der Tonle Sap ist eines
der wichtigsten Fanggebiete für Süßwasserfische in Südostasien.
Zu den in erster Linie gefangenen Fischarten gehören Karpfen und
Barsche.
Bergbau
Es gibt nur wenige bekannte
Bodenschätze, von denen die Phosphat- und Edelsteinvorkommen am
bedeutendsten sind. Im Westen des Landes werden Zirkone, Saphire
und Rubine in begrenztem Umfang abgebaut, in den zentralen Provinzen
wird Salz gewonnen. Auch Bauxit zählt zu den Bodenschätzen Kambodschas.
Das Land hat ein riesiges Wasserkraftpotential, dessen Nutzung jedoch
durch Kriegswirren und Bürgerkriege in den siebziger und achtziger
Jahren behindert wurde.
Industrie
Kambodschas gering entwickelte
Industrie hatte während der siebziger Jahre schweren Schaden erlitten
und wurde seitdem nur teilweise wieder aufgebaut. Zu den wichtigsten
Industrieerzeugnissen gehören Zement und verarbeiteter Kautschuk.
Währung und Bankwesen
Währungseinheit Kambodschas ist
der neue Riel, bestehend aus 100 Sen. Die Nationalbank von
Kambodscha ist die alleinige Notenbank des Landes. Die 1978 abgeschaffte
Währung wurde 1980 wieder eingeführt und ist bis heute offizielles
Zahlungsmittel.
Außenhandel
In Friedenszeiten sind
die wichtigsten Exportgüter Kambodschas Reis und Reisprodukte, Kautschuk,
Mais und Holz. Die Handelsbilanz ist negativ. Eingeführt werden
in erster Linie Metalle, Maschinen, Textilien, Rohstoffe und Nahrungsmittel.
Verkehrswesen
Kambodscha verfügt über
13 500 Kilometer Straßen; rund ein Fünftel davon ist befestigt.
Eine moderne Fernstraße verbindet Phnom Penh mit dem Hafen Kompong
Som. Die Eisenbahnlinie zwischen der Hauptstadt und Battambang führt
Richtung Nordwesten weiter zur thailändischen Grenze. Eine weitere
Linie verbindet Phnom Penh und Kompong Som. Das Streckennetz der
Eisenbahn hat eine Länge von insgesamt etwa 650 Kilometern.
Die Binnenschifffahrtswege einschließlich der schiffbaren Abschnitte
der großen Flüsse haben während der Regenzeit eine Länge von rund
1 400 Kilometern; ansonsten sind nur 650 Kilometer
schiffbar. Ein internationaler Flughafen befindet sich bei Phnom
Penh.

Die Vorfahren der Kambodschaner,
Mon- und Khmer-Völker, wanderten in vorchristlicher Zeit in Südostasien
ein. Sie stammten wahrscheinlich aus dem Norden und kamen vor ihren
heutigen Nachbarn, den Vietnamesen, Laoten und Thai. Kulturelle
Einflüsse aus Indien brachten ein Schriftsystem, Baustile, Religionen
(Hinduismus und Buddhismus), die Vorstellung eines Gottkönigs (Devaraja)
und ein vielschichtiges Klassensystem in das ehemalige Königreich
Kambodscha.
Die
frühen Khmer-Staaten
Funan, das erste auf
dem Gebiet des heutigen Kambodscha entstandene Königreich, wurde
vermutlich im 1. Jahrhundert n. Chr. von Mon-Khmer-Völkern
gegründet. Die Kultur Funans stammte größtenteils aus Indien. Der
Hafen Oc Eo im Golf von Thailand war ein wichtiger Knotenpunkt für
den Handel zwischen China und Indien. Das im Nordosten des Tonle
Sap angesiedelte Königreich Zhenla, ursprünglich ein Vasallenstaat
von Funan, eroberte im 6. und 7. Jahrhundert Funan. 706 zerfiel
Zhenla jedoch in zwei Staaten. Die nördliche Hälfte, Land-Zhenla,
lag im heutigen Laos; die südliche Hälfte, das auf dem Gebiet des
heutigen Kambodscha liegende, so genannte Wasser-Zhenla, fiel unter
die Herrschaft von Java.
Die
Angkor-Zeit
Mit der Herrschaft
Jayavarmans II. (802-850) begann die Angkor-Zeit in der Geschichte
der Khmer und der Aufstieg der großen Khmer-Königreiche. Am Anfang
des 9. Jahrhunderts kehrte Jayavarman II. aus dem Exil
in Java zurück, wies die Ansprüche des Königreiches Srivijaya zurück
und verstärkte den Kult der Verehrung des Gottkönigs. Die großen
Tempel der Angkor-Ära wurden von seinen Nachfolgern für die Unterbringung
der königlichen Lingas, der phallischen Symbole des Hindugottes
Shiva, erbaut. Die Könige von Angkor herrschten bis Anfang des 15. Jahrhunders
über weite Teile des südostasiatischen Festlandes. Die Hauptstadt
war der Kernpunkt eines großen Netzes von Wasserspeichern und Kanälen
für die Bewässerung der Reisfelder. Der erwirtschaftete Überschuss
diente der Finanzierung von Kriegen und Monumentalbauten. Einer
der Könige, Jayavarman VIII., ließ Ende des 12. und Anfang
des 13. Jahrhunderts Krankenhäuser und Rasthäuser entlang der
Straßen bauen, die das Königreich durchzogen.
Erste
Anzeichen einer Schwächung des Königreiches waren die Unruhen im
12. Jahrhundert. Diese sind auf die von den Herrschern dem
Volk abverlangten, übermäßigen Frondienste sowie auf die Vernachlässigung
des Bewässerungssystems zurückzuführen. Zudem schwächten Malariaepidemien
und andere Krankheiten die Bevölkerung. Die Einführung des Theravada-Buddhismus
– nach dem alle Menschen durch Meditation zur Erleuchtung gelangen
können – dürfte zusätzlich zur Erschütterung der angkorianischen
Reichsführung und der starren Gesellschaftsordnung beigetragen haben.
Der Verlust der Kontrolle über das Gebiet des im heutigen Thailand
gelegenen Flusses Chao Phraya bedeutete eine weitere Schwächung
des Angkor-Reiches.
Der
Verfall des Reiches
Nachdem Thailand
(früher Siam genannt) 1431 die Stadt Angkor besiegt hatte, wurde
der kambodschanische Hof in den Südosten nach Phnom Penh verlegt.
Trotz der nahezu ununterbrochenen Kämpfe gegen Siam im Westen wurde
das Alltagsleben im Inneren des Landes kaum berührt, bis Siam 1594
Phnom Penh einnahm und die Oberherrschaft ausübte. Die Vietnamesen
drangen langsam Richtung Süden vor und erreichten das Mekongdelta
einige Jahre später. 1620 heiratete der Khmerkönig Chetta II.
(1618-1625) eine vietnamesische Prinzessin und gestattete Vietnam,
ein Zollhaus an der Stelle der heutigen Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon)
zu errichten. In der Folgezeit versuchten Siam und Vietnam abwechselnd,
das Khmerreich durch militärische Besetzung und die Entsendung von
„Marionettenkönigen" zu beherrschen.
Die
französische Herrschaft
1863 griff Frankreich,
das seine Expansion in Indochina rasch vorantrieb, in den langsamen
Zersplitterungsprozess Kambodschas durch die Eroberungen Vietnams
und Siams ein und errichtete eine Schutzherrschaft (Protektorat)
über das Land. Die formell indirekte französische Herrschaft in
Kambodscha wurde durch Berater ausgeübt, deren Meinung bei wichtigen
Fragen ausschlaggebend war. Die kambodschanische Monarchie wurde
beibehalten und für den öffentlichen Dienst wurden allmählich Khmer
ausgebildet. Der Bau von Straßen, Hafenanlagen und die Durchführung
anderer staatlicher Bauvorhaben geschah in erster Linie im Hinblick
auf die innere Sicherheit und den Export von Kautschuk und Reis.
Die Restaurierung der weitläufigen Tempelanlage Angkor Wat in den
dreißiger Jahren trug dazu bei, den Stolz der Khmer auf ihre Vergangenheit
wieder aufleben zu lassen. Während des 2. Weltkrieges, als
japanische Streitkräfte 1940 in Indochina stationiert waren, blieb
die willfährige französische Zivilverwaltung im Amt. Kurz vor ihrer
Niederlage 1945 beseitigten die Japaner die französische Protektoratsverwaltung
und setzten eine formell unabhängige Khmerregierung unter dem jungen
König Norodom Sihanouk ein. Nach dem Krieg stellte Frankreich rasch
seine Herrschaft über Kambodscha wieder her, aber Sihanouk erreichte
1953 schließlich die vollständige Unabhängigkeit für sein Land.
Der
moderne Staat
Zwei
Jahre später verzichtete König Sihanouk zugunsten seines Vaters
auf den Thron. Als Prinz Sihanouk konnte er die städtische Elite,
die ständig alles daransetzte, höhere Positionen zu erringen, viel
freier manipulieren. Sihanouk bekam diese Elite durch die Bildung
einer in erster Linie auf dörfliche Würdenträger gestützten Volksbewegung
in den Griff. Ausländische Mächte wie die Vereinigten Staaten, die
Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) und China, die
in der Region nach Einflussbereichen suchten, umwarben Sihanouk.
Dieser ließ sie um das Privileg konkurrieren, Kambodschas Entwicklung
unterstützen zu dürfen. Sein außenpolitischer Erfolg verstärkte
Sihanouks politische Macht im Land. Über 15 Jahre vollführte
er einen Balanceakt und hielt Kambodscha relativ fern von den Unruhen
im benachbarten Vietnam. Auf diese Weise musste er jedoch die Augen
vor dem immer unverhohleneren Missbrauch von Kambodschas Neutralität
durch nordvietnamesische und Vietcong-Streitkräfte im Vietnamkrieg
verschließen.
Der
Staatsstreich von 1970
Im März 1970 ergriff
der Premierminister, General Lon Nol, während einer Auslandsreise
Sihanouks die Macht, erklärte Kambodscha zur Republik und entsandte
seine Armee zur Bekämpfung der Vietcong-Truppen in die Grenzgebiete.
Dies zog die Nordvietnamesen, gefolgt von amerikanischen und südvietnamesischen,
Truppen ins Land, und Kambodscha wurde während der folgenden zwei
Jahre zu einem Schlachtfeld des Vietnamkrieges. Die Vereinigten
Staaten und Südvietnam belieferten Lon Nols Armee und unterstützten
sie mit ihrer Luftwaffe in der Hoffnung, so eine Atempause für das
Regime in Saigon zu erreichen. Währenddessen bekämpften Anhänger
der Kommunistischen Partei der Khmer, genannt Rote Khmer, Lon Nols
Regime. Sie wurden von Nordvietnam und Prinz Sihanouk, der in China
Asyl erhalten hatte, unterstützt. Hunderttausende von Landbewohnern
suchten in den von Lon Nol kontrollierten Städten Schutz.
Die
vietnamesische Herrschaft
Im April 1975, kurz
bevor Saigon in die Hände Nordvietnams fiel, nahmen die Roten Khmer
Phnom Penh ein. Ihr Regime unter Führung von Pol Pot siedelte die
gesamte städtische Bevölkerung zwangsweise auf das Land um, wo auf
Ungehorsam oder selbst nur auf den Hinweis auf eine Mittelstandsstellung
die Todesstrafe stand. Die Roten Khmer versuchten, Kambodscha von
jeglichem Fremdeinfluss fern zu halten, schafften das Geld ab, richteten
Regimegegner hin,
unternahmen groß angelegte wirtschaftliche Umformungen nach den
Richtlinien von Chinas Großem Sprung nach vorn und bemühten sich
ansonsten, einen doktrinären Kommunismus bzw. Maoismus einzuführen.
Ihre Brutalität, die wohl über einer Million Menschen das Leben
gekostet hatte, nahm Hanoi im Dezember 1978 zum Anlass für eine
Invasion. Wichtige Städte und Fernstraßen kamen rasch unter die
Kontrolle einer von Vietnam unterstützten Marionettenregierung unter
Führung von Heng Samrin, Vorsitzender des Staatsrates, und Hun Sen,
erst Außenminister, dann Premierminister. Diese Regierung führte
großenteils wieder den Lebensstil (einschließlich des Buddhismus)
aus der Zeit vor 1970 ein, jedoch ohne Monarchie. Restliche Anhänger
der Roten Khmer setzten währenddessen mit einiger Unterstützung
von Nichtkommunisten den Widerstand insbesondere in den Gebieten
nahe der thailändischen Grenze fort und bewahrten den Sitz Kambodschas
in den Vereinten Nationen. Die so entstandene, unsichere Koalition
mit Sihanouk als nominellem Präsidenten wurde im Ausland anerkannt,
erhielt aber kaum Unterstützung im eigenen Land.
Fast
alle vietnamesischen Truppen wurden im September 1989 abgezogen
und versetzten das Regime von Hun Sen in eine prekäre Lage. Im Oktober
1991 unterzeichneten die Konfliktparteien ein Friedensabkommen,
das eine UN-Übergangsverwaltung und einen Obersten Nationalrat,
dem die meisten Splittergruppen angehörten, vorsah. Sihanouk kehrte
nach Kambodscha zurück und trat das Amt des Staatspräsidenten an.
1992 kam es immer wieder zu Gewalttaten, die von den Roten Khmer
angezettelt wurden und sich häufig gegen die UN-Friedenstruppe richteten.
Im
Mai 1993 gab es die ersten seit 1972 abgehaltenen Wahlen zur verfassunggebenden
Versammlung in einem Mehrparteiensystem. Die Roten Khmer boykottierten
die Wahlen, obgleich sie 1991 den Friedensvertrag unterzeichnet
hatten. Da keine der zur Wahl gestellten Parteien die Mehrheit erreichte,
bildeten die beiden größten Parteien, die royalistische FUNCINPEC
(Front uni national pour un Cambodge indépendant, neutre, pacifique
et coopératif) und Hun Sens Volkspartei sowie zwei kleinere Parteien
eine Koalition. Im September 1993, nach der Verabschiedung der neuen
Verfassung, wurde Sihanouk zum König berufen. Norodom Ranariddh,
der Führer der FUNCINPEC und Sohn Sihanouks, wurde zum ersten Premierminister
und Hun Sen zum zweiten Premierminister ernannt. Die Roten Khmer
setzten ihren Widerstand gegen die Koalitionsregierung fort; obgleich
sie noch bis 1995 Gewaltakte durchführten, wurde durch Informationen
von Überläufern bekannt, dass die Bewegung schrumpfte und demoralisiert
war: Zwischen 5 000 und 10 000 Mitglieder des harten
Kerns hatten die Bewegung zwischenzeitlich verlassen.
Im
September 1996 schlossen die kambodschanische Regierung und abtrünnige
Rebellen der Roten Khmer ein Friedensabkommen, nachdem mehrere Rebellenchefs
mit der Khmer-Führung gebrochen hatten. Im November 1996 war in
Jakarta beim Gipfeltreffen der Regierungschefs der ASEAN-Staaten
beschlossen worden, Kambodscha als Vollmitglied in den südostasiatischen
Staatenverbund aufzunehmen. Die Entschließung wurde aber nicht wie
geplant im Sommer 1997 in die Tat umgesetzt. Die Aufnahme wurde
wegen der innenpolitischen Spannungen im Land, insbesondere wegen
des Machtkampfes zwischen den beiden Premierministern, Norodom Ranariddh
und Hun Sen, auf unbestimmte Zeit verschoben. Im Januar 1997 erklärte
sich Kambodscha zur atomwaffenfreien Zone.

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