Singapur,
Republik, unabhängiger Stadtstaat in Südostasien. Das
Staatsgebiet umfasst die Hauptinsel und 59 kleine vorgelagerte Inseln
vor der Südspitze der Malaccahalbinsel und hat eine Fläche
von 641Quadratkilometern. Die Hauptinsel Singapur wird im Norden
durch die schmale Johorestraße von Malaysia getrennt. Im Süden
grenzt die Singapurstraße den Staat gegen das Riau-Archipel
ab, das zu Indonesien gehört; die Straße ist eine wichtige
Schifffahrtsverbindung zwischen dem Indischen Ozean im Westen und
demSüdchinesischen Meer im Osten. Die Stadt Singapur liegt
auf der Südostspitze der Insel. Sie ist eine der wichtigsten
Hafenstädte und eines der wirtschaftlichen Zentren in Südostasien.

Die Insel Singapur ist ein flachwelliges Gebiet ohne größere
Erhebungen. Das Hügelgebiet steigt bis auf 165Meter an. Vor
einigen Küstengebieten liegen Korallenriffe, und im Landesinneren
entspringen zahlreiche kurze Flüsse. Der längste von ihnen,
der Seletar, ist 15Kilometer lang; andere wichtige Flüsse -
es sind eigentlich nur Gezeitentrichter-sind der Singapur und der
Rochor; sie fließen durch das Stadtzentrum und spielen für
den Boots- und Fährverkehr eine Rolle.

Das Land hat ein feucht-tropisches Klima mit geringen jahreszeitlichen
Schwankungen. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 27,2°C.
Die mittlere jährliche Niederschlagsmenge beträgt 2400Millimeter;
es gibt keine ausgesprochenen Regenzeiten.

Der ursprüngliche tropische Regenwald von Singapur ist fast
gänzlich menschlichen Siedlungen gewichen. Nur noch in einem
kleinen Gebiet im Landesinneren gibt es etwas Urwald, und an der
Küste findet man teilweise noch Mangrovenwälder; verbreitet
sind Gras- und Buschwerkflächen. Es gibt zahlreiche Vogelarten,
von denen viele, wie die Hausschwalbe, eng mit dem Menschen zusammenleben.
Natürlich vorkommende Tiere sind Echsen und Kobras, an Säugetieren
der geschuppte Ameisenfresser sowie Halbaffenarten (Loris und Makaken).

Die Bevölkerung von Singapur ist ethnisch gemischt. Sie besteht
hauptsächlich aus Chinesen (etwa 78Prozent), Malaien (14Prozent)
und Indern (sechs Prozent). Nahezu alle Einwohner stammen von den
Einwanderern ab, die nach der Gründung der Stadt Singapur ab
1819 in das Gebiet gelangten. Die Zusammensetzung der Bevölkerung
spiegelt die Geographie der Handelsbeziehungen wider, die das Britische
Empire zu dieser Zeit unterhielt.
Singapur hat etwa 2,82Millionen Einwohner. Die Bevölkerungsdichte
liegt bei 4395Einwohnern pro Quadratkilometer; in einzelnen Wohnbezirken
der Stadt wurden Werte von bis zu 200000Einwohnern pro Quadratkilometer
erreicht. Die Bevölkerung konzentriert sich auf den Südteil
der Insel. Die Lebenserwartung liegt für Männer bei 73,5
und für Frauen bei 80Jahren und gehört zu den höchsten
in Asien. Das niedrige Bevölkerungswachstum von zwei Prozent
wird durch eine umfassende Politik der Geburtenkontrolle erreicht.

Die Republik Singapur hat vier Amtssprachen: Englisch, Chinesisch
(Mandarin), Malaiisch und Tamil. Daneben gibt es noch mindestens
acht weitere Dialekte der chinesischen Sprache. Die Sprache der
Verwaltung und der Schulen sowie internationale Verkehrssprache
ist Englisch.

Die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung spiegelt sich
auch in der Religion wider. 68Prozent der Chinesen (54Prozent der
Gesamtbevölkerung) sind Anhänger von Buddhismus, Daoismus
und des Konfuzianismus; 14Prozent sind Christen, zumeist römisch-katholisch.
Die Malaien sind zu 98Prozent Muslime. Von den Indern sind 53Prozent
Hindus, 26Prozent Muslime und 13Prozent Christen; sieben Prozent
sind Sikhs oder Anhänger des Jainismus und anderer Richtungen.
Daneben gibt es kleine Gruppen von Parsen (Zoroastrianer) und Juden.

Über staatliche und Freiwilligenorganisationen verteilt Singapur
eine Reihe von sozialen Leistungen an die Bedürftigen. Es gibt
zwar keine staatlichen Pensionen oder Krankengeld, aber es gibt
eine staatliche Unterstützungskasse, an die Arbeitnehmer und
Arbeitgeber Zahlungen leisten müssen.

Singapur hat wegen seiner kurzen Geschichte und seiner bunt zusammengesetzten
Bevölkerung kaum eine eigenständige traditionelle Kultur;
die kulturellen Aktivitäten der Bewohner wurzeln eher in der
kulturellen Tradition der jeweiligen Herkunftsländer. Der größte
Teil der Bevölkerung ist den traditionellen„asiatischen
Werten" verbunden - die Familie als Grundlage der Gesellschaft
sowie ein ausgeprägter sozialer Zusammenhalt - wie sie durch
den Konfuzianismus vermittelt werden.
Die staatlichen Grundschulen sind kostenfrei. Obwohl keine Schulpflicht
besteht, besuchen nahezu alle Kinder im entsprechenden Alter die
Schule. Für weiterführende Schulen muss ein geringes Schulgeld
gezahlt werden. Die meisten staatlichen Schulen sind zweisprachig
mit Englisch und einer der anderen Amtssprachen. Der Bildungssektor
ist einer der größten Teile des Staatshaushalts und macht
etwa 20Prozent der Ausgaben aus. 91Prozent der erwachsenen Bevölkerung
können lesen und schreiben.
Die wichtigste Hochschule des Stadtstaates ist die Nationaluniversität
Singapur (1980 durch die Verschmelzung der chinesisch- und der englischsprachigen
Universität gegründet), außerdem gibt es mehrere
Technische Hochschulen und eine Pädagogische Hochschule.

Die wichtigste Bibliothek des Staates ist die Nationalbibliothek.
Das Kunstmuseum in Singapur hat zwar keine permanente Sammlung,
zeigt aber wichtige Ausstellungen.

Die staatliche Rundfunkgesellschaft Singapore Broadcasting Corporation
strahlt neun Radio- und drei Fernsehprogramme in allen Amtssprachen
aus. Außerdem gibt es drei private Programme; Satellitenfernsehen
ist verboten. Eine Regierungsinitiative will eine Multimedia-Infrastruktur
schaffen, um bis zum Jahr 2000 jedermann den Zugang zur „Datenautobahn"
zu ebnen. In Singapur erscheinen acht Tageszeitungen in vier Sprachen.
Die führenden Blätter sind die Straits Times (Englisch)
und Lianhe Zao Bao (Chinesisch). Nach dem Gesetz kann die Regierung
die Verbreitung von ausländischen Presseorganen beschränken,
die sich in innere Angelegenheiten einmischen.
Singapur
hat eine Verfassung aus dem Jahr 1959, die auf dem Höhepunkt
der Entwicklung von der Kolonie zum selbständigen Staat entstand.
Seither wurde sie mehrfach geändert; die wichtigsten Änderungen
stammen von 1965, als Singapur die völlige Unabhängigkeit
erhielt und eine republikanische Verfassung annahm.
Exekutive
Staatsoberhaupt der Republik Singapur ist ein Präsident, der
für vier Jahre gewählt wird. Der Präsident wurde
früher vom Parlament gewählt, seit der Verfassungsänderung
von 1991 wird er direkt vom Volk gewählt und hat erweiterte
Befugnisse. Der Ministerpräsident wird vom Präsidenten
berufen, steht dem Kabinett vor und hat in der Praxis mehr Befugnisse
als der Präsident.
Legislative
Die Gesetzgebung obliegt dem Abgeordnetenhaus, das nach dem Vorbild
des britischen Parlaments gebildet wurde. 81 der Mitglieder werden
in allgemeinen Wahlen gewählt, sechs weitere Mitglieder werden
vom Präsidenten benannt. Die Legislaturperiode beträgt
fünf Jahre, es besteht Wahlpflicht. Vorkehrungen in der Verfassung
sorgen dafür, dass einige Wahlkreise mehrere Abgeordnete entsenden,
damit alle ethnischen Gruppen gerecht repräsentiert sind.
Judikative
Die Justiz ist nach britischem Vorbild aufgebaut. Höchstes
Organ der Rechtsprechung in der Republik ist der Oberste Gerichtshof,
bestehend aus einem Zivilgerichtshof, dem Appellationsgerichtshof
und einem Appellationsgerichtshof für Strafsachen. Der Oberste
Richter und andere Richter werden vom Präsidenten berufen.
Untergeordnete Gerichte sind die Bezirks- und Magistratsgerichte,
ein Jugendgericht, ein Hof zur Untersuchung von Todesfällen
und ein Gericht für Bagatellfälle.
Politik
Die Aktionspartei des Volkes (People's Action Party, PAP) hat seit
der Unabhängigkeit Singapurs eine führende Rolle in der
nationalen Politik inne; sie vertritt eine Ideologie des Wirtschaftswachstums,
der nationalen Selbstbestimmung und der sozialen Disziplin. Sie
wird hauptsächlich von Chinesen getragen. Weitere im Parlament
vertretene Gruppen sind die Demokratische Partei (DP) und die Partei
der Arbeiter (WP). In Singapur herrscht Wahlpflicht.
Verteidigung
Männer unterliegen einer Wehrpflicht von 24Monaten; für
höhere Dienstgrade beträgt die Wehrdienstzeit 30Monate.
Der Verteidigungshaushalt beläuft sich auf etwa sechs Prozent
des Staatshaushalts. Die Stärke der Truppen beträgt etwa
67Soldaten, davon 45000Mann beim Heer, 11600 in paramilitärischen
Polizeieinheiten, 6000 in der Luftwaffe und 4500 bei der Marine.
Alle Waffengattungen sind mit modernen Waffen ausgerüstet.
Bis zu einem Alter von 40Jahren (Offiziere bis 50Jahre) werden Reservedienste
abgeleistet.
Wirtschaft
Singapur gehört wirtschaftlich zu den so genannten Kleinen
Tigern, einer Gruppe von südostasiatischen Schwellenstaaten;
das Wirtschaftswachstum betrug von 1966 an jährlich 8,5Prozent
und ist in den neunziger Jahren noch weiter gestiegen. Der Lebensstandard
gehört zu den höchsten in der gesamten Region.28Prozent
der Erwerbstätigen sind in der Industrie und elf Prozent im
Bank- und Finanzwesen beschäftigt. Die historisch bedingte
Beschränkung auf Internationalen Handel ist einer mittlerweile
diversifizierten Struktur gewichen. Es gibt ein ausgedehntes produzierendes
Gewerbe, zumeist kapitalintensive Leichtindustrie, und Finanzdienstleistungen.
Landwirtschaft
und Fischerei
Die Landwirtschaft spielt für die Gesamtökonomie wegen
der mageren Böden und der begrenzten Anba ufläche keine
bedeutende Rolle; es werden diverse Gemüse- und Obstsorten
angebaut. Moderne Techniken machen das Ackerland in Singapur zu
einer der produktivsten Flächen der Welt. Spezialisiert hat
man sich auf die Zucht von Orchideen und Aquariumsfischen für
den Export. Der Viehbestand umfasst etwa vier Millionen Hühner
und eine Million Enten. Die Fischindustrie konzentriert sich auf
Jurong im Südwesten der Insel Singapur.
Industrie
Seit den sechziger Jahren ist die Industrie rapide gewachsen. Singapur,
das alle Rohstoffe importieren muss, stellt eine breite Vielfalt
an Gütern her, u.a. Chemikalien, Pharmazeutika, elektronische
Bauteile, Bekleidung, Kunststoffe, Gummiwaren, Stahlrohre, Sperrholz,
Mineralölprodukte und Nahrungsmittel. Singapur ist der weltgrößte
Exporteur von Diskettenlaufwerken für Computer. Das produzierende
Gewerbe trägt rund 27Prozent zum Bruttosozialprodukt bei. Das
wichtigste Industriegebiet ist das Gewerbegebiet Jurong.
Singapur produziert Mineralölprodukte (vor allem Heizöl),
Maschinen, Metallwaren und chemische Erzeugnisse. Der Schiffbau
sowie Schiffsreparaturen sind wichtiger Bestandteil der Industrie
Singapurs. Hier gibt es auf Trocken- und Schwimmdocks die größten
Reparaturkapazitäten der Welt.
Währung und
Bankwesen
Die Währungseinheit in Singapur ist der Singapur-Dollar (=100Cents).
Als Zahlungsmittel ist auch noch der Brunei-Dollar gebräuchlich.
Die Währungsbehörde agiert auch als Zentralbank; nur die
Ausgabe der Währung obliegt dem Board of Commissioners of Currency
(Rat der Währungsbevollmächtigten). Singapur ist ein bedeutendes
Bank- und Finanzzentrum. Die größte ansässige Bank
ist die Entwicklungsbank Singapur (Development Bank of Singapore);
es gibt in Singapur etwa 130Geschäfts- und 80Handelsbanken.
Die Börse in Singapur ist ein wichtiges Handelszentrum für
asiatische Wertpapiere.
Außenhandel
Singapur ist einer der bedeutendsten Häfen der Welt; die ausgedehnten
Hafenanlagen liegen an der Südküste. Einen großen
Teil des Handels nimmt die Verschiffung von Gütern ein, die
in der Region hergestellt werden. Die wichtigsten Handelspartner
sind Japan, Malaysia, die Vereinigten Staaten, Hongkong, Deutschland,
Taiwan und China. Die Devisenreserven sind auf die Einwohnerzahl
umgerechnet, die höchsten der Welt.

Singapur hat ein Straßennetz von etwa 2970Kilometern. Die
Haltung eines Autos ist mit extrem hohen Gebühren belegt, um
Stauungen und Umweltverschmutzung zu reduzieren. Eine 25Kilometer
lange Bahnstrecke überquert die Johorestraße und hat
Anschluss an das Eisenbahnnetz von Malaysia. Stichlinien führen
zum Hafen und zum bedeutendsten Gewerbegebiet. Die Wege von und
zu den Wohn- und Industriegebieten werden mit Untergrundbahnen der
städtischen Verkehrsbetriebe versorgt. Der Changi-Airport in
Singapur ist einer der größten internationalen Flughäfen
in Asien; die staatliche Fluglinie ist die Singapore Airlines.

Der Tourismus ist für Singapur eine bedeutende Deviseneinnahmequelle.
Jährlich besuchen rund sechs Millionen Touristen Singapur (die
Besucher aus Malaysia nicht mitgerechnet), und die Deviseneinnahmen
belaufen sich auf rund 5,5Milliarden US-Dollar.
Der Energiebedarf wird durch vier Kraftwerke gedeckt, die mit importiertem
Öl befeuert werden. Die installierte Leistung beträgt
etwa 4500Megawatt, und jährlich wurden 17,5Millionen Kilowattstunden
elektrischer Energie erzeugt.

Man nimmt an, dass Singapur ein Handelszentrum im malaiischen Königreich
Srivijaya war, bis im 14.Jahrhundert das Eigentum auf das Königreich
Majapahit überging. Im 15.Jahrhundert wurde es vom Sultanat
Malacca (Malacca) unter Tun Perak beansprucht.
Europäische
Kolonialisierung
Die moderne Stadt wurde 1819 von dem britischen Kolonialverwalter
Sir Thomas Stamford Raffles über einem Fischerdorf gegründet.
Er erkannte als einer der Ersten die Perspektiven des Ortes als
Handelsplatz; die Britische Ostindienkompanie erwarb die Insel 1824
von dem Sultan von Johore. 1826 wurde Singapur in die so genannten
Straits Settlements eingegliedert, zu denen außerdem noch
die der Malaccahalbinsel vorgelagerte Insel Penang und die Festung
Malacca gehörten. Die vorteilhafte Lage an der engen Durchfahrt
zwischen dem Indischen Ozean und dem Südchinesischen Meer sowie
sein Status als Freihafen machten Singapur bald zu einem bedeutenden
Geschäftszentrum, besonders nach der Eröffnung des Suezkanals
1869. Durch die Einwanderer wuchs die Bevölkerung rasch und
die Chinesen wurden vor den Malaien und Indern die stärkste
Bevölkerungsgruppe. 1921 bestimmte Großbritannien die
Insel zum wichtigsten Flottenstützpunkt in Ostasien und errichtete
ausgedehnte militärische Anlagen.
Während des 2.Weltkrieges, im Februar 1942, wurde die Insel
in einer wochenlangen Schlacht von den japanischen Truppen eingenommen
und besetzt; die Eroberung von Britisch-Malaysia war vorausgegangen.
Als die Briten sich zurückzogen, zerstörten sie den Damm,
der Singapur mit der Malaccahalbinsel verband, nur teilweise. Dadurch
hatten die Angreifer leichten Zugang zum großen Hafen. Die
wichtigsten Einrichtungen, darunter das weltgrößte Trockendock,
waren jedoch zerstört worden, um sie nicht den Japanern in
die Hände fallen zu lassen. Dem Widerstand der Singapurer,
unter ihnen Lim Bo Seng, begegneten die Japaner mit unnachgiebiger
Unterdrückung. Am 6.September 1945 wurde die Insel von britischen
Truppen befreit. Im folgenden Jahr erhielt Singapur den Status einer
eigenen, von der Malaiischen Union getrennten Kronkolonie. 1955
wurde eine innere Autonomie zugestanden und die Verantwortung für
innere Angelegenheiten den lokal gewählten Ministern und einer
gesetzgebenden Versammlung übergeben. Am 3.Juni 1959 erhielt
Singapur die volle innere Selbstverwaltung und wurde Mitglied des
Commonwealth of Nations. Am 16.September 1963 bildeten Singapur,
Malaya, Nordborneo (unter dem Namen Sabah) und Sarawak die Föderation
Malaysia.
Die Republik
1965 trennte sich Singapur aufgrund schwerer Differenzen mit der
Bundesregierung und unüberbrückbarer Spannungen zwischen
Malaien und Chinesen von Malaysia; Singapur wurde ein selbständiger
Staat, verblieb im Commonwealth und wurde Mitglied der Vereinten
Nationen. Im Dezember desselben Jahres wurde die Republik ausgerufen.
Inche Yusof bin Ishak, Staatsoberhaupt seit 1959, wurde der erste
Präsident. Seine Nachfolger wurden Benjamin Henry Sheares,
der das Amt von 1971 bis zu seinem Tod 1981 innehatte, und C. V.
Devan Nair, der 1981 gewählt wurde. Von 1959 bis 1990 wurde
die Regierungsgewalt von Ministerpräsident Lee Kuan Yew ausgeübt.
Seine Aktionspartei des Volkes (People's Action Party) errang in
jeder Wahl seit 1968 eine überwältigende Mehrheit. Die
Innenpolitik von Lee Kuan Yew wurde zunehmend autoritärer.
Die Politik unter Leitung von Hon Sui Sen und weiteren Technokraten
in der Regierung ließ die Wirtschaft Singapurs von 1966 bis
1990 jährlich um 8,5 Prozent wachsen. Singapur entwickelte
sich von einem Umschlagsplatz zu einem Fabrikationszentrum, spezialisiert
auf ausbildungs- und kapitalintensive Industrien, und zu einem Finanzzentrum.
Die Richtlinien der Sozial- und Innenpolitik waren bevormundend
und sollten im Wesentlichen die führende Position der PAP in
Singapur erhalten. Lee Kuan Yew und seine Mitstreiter verwiesen
bei Kritik von außen auf die wirtschaftliche Stärke Singapurs,
auf die empfindliche soziale Balance zwischen den verschiedenen
ethnischen Gruppen und die Verletzlichkeit des Staates gegenüber
den politischen und ökonomischen Ambitionen seiner Nachbarn.
In seiner Angst vor kommunistischer Unterwanderung war Lee ein eiserner
Verfechter der Südostasien-Politik der Vereinigten Staaten.
Im August 1967 machte er Singapur zu einem Gründungsmitglied
der Assoziation der Südostasiatischen Nationen (ASEAN). 1971,
nach dem endgültigen Rückzug der britischen Truppen aus
Singapur, führte er Singapur in ein Verteidigungsbündnis
gemeinsam mit Australien, Großbritannien, Malaysia und Neuseeland.
Nach dem Ende des Vietnamkrieges nahm er eine versöhnlichere
Haltung gegenüber den kommunistischen Staaten der Region ein;
1990 gewährte er die diplomatische Anerkennung Chinas. 1985
legte Nair sein Amt als Präsident nieder. Mit seinem Nachfolger
Wee Kim Wee wurde erstmals ein Angehöriger des chinesischen
Bevölkerungsteiles zum Präsidenten gewählt. Premierminister
Lee gab 1990 sein Amt ab und bestimmte Goh Chok Tong als Nachfolger;
sich selbst behielt er die Position eines Seniorministers im Kabinett
vor. 1991 begann die Regierung, im Erziehungssystem die konfuzianischen
Werte - eine Betonung der Gemeinschaft über das Individuum
- zu propagieren und setzte sie in Kontrast zu dem westlichen Wertesystem.
Die Regierung Goh gewann 1991 bei den Parlamentswahlen 77 der 81
Sitze-für die PAP das niedrigste Wahlergebnis seit 1968. Bei
Nachwahlen 1992 schnitt Goh sehr gut ab und wurde als Nachfolger
von Lee Kuan Yew zum Generalsekretär der PAP gewählt,
was seine Autorität noch stärkte. Ong Teng Cheong (PAP)
wurde bei der ersten direkten Präsidentschaftswahl am 2. September
1993 mit 57,4 Prozent der Stimmen gewählt. Sein Gegenkandidat
Chua Kim Yeoh, ein Staatsbeamter im Ruhestand, erreichte 40,4 Prozent.
Die Beziehungen zu den Philippinen wurden schwer belastet, als am
17. März 1995 ein philippinisches Hausmädchen wegen Mordes
an einem anderen Hausangestellten und einem Kind zum Tod verurteilt
wurde. Die Behörden in Singapur wiesen alle Bitten der Philippinen,
die Hinrichtung auszusetzen, zurück.
Bei den Parlamentswahlen Anfang 1997 errang die Regierungspartei
PAP von Premierminister Goh Chok Tong 81 der 83 Sitze. Die PAP regiert
seit der Unabhängigkeit von Großbritannien (1959); erst
seit 1981 ist eine parlamentarische Opposition zugelassen.
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