Tibet
(chinesisch Xizang), ehemals unabhängiger Staat, heute Verwaltungsgebiet
im Südwesten Chinas mit der offiziellen Bezeichnung „Autonome
Region Tibet". Tibet grenzt im Norden an die Autonome Region
Xinjiang Uygur und die Provinz Qinghai, im Osten an die Provinzen
Sichuan und Yunnan, im Süden an die Staaten Indien, Bhutan,
Burma und Nepal, im Westen an Indien. Mit einer durchschnittlichen
Höhe von etwa 4500Metern ist Tibet die höchstgelegene
Region der Erde und wird deshalb auch als das „Dach der Welt"
bezeichnet. Es ist darüber hinaus eine der abgeschiedensten
Regionen der Erde, da es auf drei Seiten von gewaltigen Gebirgsmassiven
umgeben ist: dem Himalaya im Süden, dem Karakorum im Westen
und dem Kunlun Shan im Norden. Die Gesamtfläche Tibets beträgt
etwa 1,22Millionen Quadratkilometer. Die Hauptstadt ist Lhasa.
Die tibetische Nationalhymne
Physische
Geographie
Der südliche Landesteil Tibets liegt vollständig im Himalaya.
Dessen Hauptkette, zu der einige der höchsten Berge der Welt
gehören, erstreckt sich entlang der gesamten südlichen
Landesgrenze. Zu den höchsten Gipfeln gehören der Mount
Everest (mit 8846Metern höchster Berg der Erde), der Namzha
Parwa (7756 Meter) und der Gurla Mandhata (7728 Meter). Nördlich
der Hauptkette verläuft parallel zu dieser die Gebirgskette
des Transhimalaya mit Gipfeln bis 7300Meter Höhe. Zwischen
diesen beiden Ketten erstreckt sich eine etwa 1000Kilometer lange
Talregion in West-Ost-Richtung. Der in Tibet als Yarlung Zangbo
bezeichnete Brahmaputra durchfließt weite Strecken dieses
Tales. Die Kette des Transhimalaya senkt sich nach Norden hin zum
Hochland von Tibet ab, einer Hochebene von gewaltiger Ausdehnung.
Sie wird im Norden und Westen von Hochgebirgen begrenzt, und fällt
nach Süden und Osten hin allmählich ab. Der zerklüftete
östliche Abschnitt Tibets besteht aus zahlreichen in Nord-Süd-Richtung
verlaufenden Gebirgszügen und dazwischenliegenden tiefen Taleinschnitten.
Flüsse
und Seen
Tibet ist die Hauptwasserscheide Asiens und Quellgebiet zahlreicher
großer Ströme des Kontinents. Der Brahmaputra ist der
längste Strom der Region. Die Quellflüsse von Indus, Ganges
und Sutlej entspringen im Westen Tibets, der Saluën (Nu Jiang)
im Zentrum. Die Quellgebiete der Flüsse Mekong (Lancang Jiang),
Jangtsekiang (Chang Jiang) und Huang He (oder „Gelber Fluss")
liegen im Norden der Region. Viele der Flüsse Tibets eignen
sich hervorragend für die Energiegewinnung durch Wasserkraft.
Das Hochland ist übersät mit zahlreichen Salzseen wie
dem Ngangla Ringco im Westen oder dem Nam Co (Na-mu-ts'o) im Osten.
Das Klima ist von sehr kalten Wintern und warmen Sommern geprägt.
Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt bei
rund 400Millimetern. Besonders der westliche und nördliche
Teil Tibets sind durch ausgesprochene Trockenheit gekennzeichnet;
hier werden manchmal 100Millimeter unterschritten. Die Temperaturen
sind im Gebirge und auf den Hochebenen im Allgemeinen niedrig; die
geschützten Täler haben milderes Klima. Die durchschnittliche
Jahrestemperatur für die gesamte Region beträgt 1,1°C.
In Lhasa liegt sie bei 8,9°C. Die tageszeitlichen Temperaturschwankungen
sind erheblich.
Das Hochland von Tibet besitzt nur spärlichen Pflanzenbewuchs,
der vorwiegend aus Gräsern und meist niedrig wachsenden Sträuchern
besteht. Nur in den Talregionen am Brahmaputra, am Indus und am
Sutlej gedeihen vereinzelt Wälder mit verschiedenen Baumarten,
darunter Nadelhölzer, Eichen, Zypressen, Pappeln und Ahornbäume.
In den Flusstälern gibt es auch Obstkulturen mit Apfel-, Pfirsich-,
Birnen- und Aprikosenbäumen.
Tibet verfügt über eine reichhaltige Tierwelt. In den
Berggebieten leben u.a. Moschushirsche, Schafe, Ziegen, Esel, Yaks
und tibetische Antilopen. Weitere in der Region heimische Großsäugetiere
sind Leoparden, Tiger, verschiedene Bärenarten, Wölfe,
Füchse und Affen. Die Vogelwelt setzt sich u.a. aus Streifengänsen,
Möwen, Krickenten und anderen Wasservögeln, sowie Fasanen
und Steppenhühnern zusammen.

Stärkste Bevölkerungsgruppe sind die Tibeter, von denen
allerdings viele nach Nepal und Indien ins Exil gegangen sind. Der
Anteil der Han-Chinesen steigt durch die Siedlungspolitik der chinesischen
Regierung ständig an. Mittlerweile machen sie knapp die Hälfte
der Bevölkerung aus. Die Landessprache ist tibetisch, das zur
Familie der sinotibetischen Sprachen gehört. Ein bedeutender
Anteil der Bevölkerung lebt als Nomaden oder Halbnomaden. Tibet
hat etwa zwei Millionen Einwohner; die Bevölkerungsdichte ist
sehr gering. Einzige größere Stadt ist Lhasa mit etwa
340000Einwohnern.

Tibet ist seit jeher ein Zentrum des Lamaismus, einer hoch entwickelten
Form des esoterischen Buddhismus. Der Lamaismus ist die Religion
der Mehrheit der tibetischen Bevölkerung und verfügt auch
über eine große Anhängerschaft in Nepal und der
Mongolei. Die Ausübung der Religion ist jedoch strengen Beschränkungen
unterworfen. Der Lamaismus hat Elemente der Bon-Religion übernommen,
einer Form des Schamanismus, die der Einführung des Buddhismus
in Tibet vorausging, und die auch heute noch in Mischformen existiert.
Darüber hinaus gibt es kleinere muslimische, christliche und
hinduistische Minderheiten in Tibet. Seit der erneuten Besetzung
Tibets durch China im Jahr 1950 wird die Religionsausübung
in Tibet gezielt unterdrückt oder strengstens kontrolliert.
Ungefähr 2700 tibetische Klöster wurden zerstört.
Tibetisches
Totenbuch
Buddhismus: Text
aus einer Sammlung buddhistischer Unterweisungen; er wird dem gerade
Verstorbenen ins Ohr geflüstert, um ihn auf die Erscheinungen
vorzubereiten, die ihm im Zustand zwischen Tod und Wiedergeburt
begegnen.
Der berühmte Tantriker und Gelehrte Padmasambhava, der wahrscheinlich
aus dem nordwestlichen Kaschmir stammte und im 8. Jahrhundert lebte,
gilt als der Wegbereiter des tibetischen tantrischen Buddhismus.
Kenntnis über sein Leben erhalten wir durch eine von seiner
Schülerin, der tibetischen Prinzessin Yeshe Tsogyal, verfassten
Biographie, die jedoch legendenhaften Charakter hat und in manchen
Schilderungen auch an Buddhas Lebensweg erinnert. Allerdings gibt
es verschiedene Hinweise, die die geschichtlichen Existenz des buddhistischen
Gelehrten belegen können. So heißt es etwa, dass der
damalige tibetische König Trisrong Detsen und der in Tibet
lebende indische Gelehrte Shantarakshita den berühmten Lehrer
nach Tibet gebeten hätten, um dort die unheilvollen Dämonen
zu bannen. Dem lagen wohl die bei Hofe stattfindenden Auseinandersetzungen
zwischen den verschiedenen Adelssippen, die zum größten
Teil dem alten Bon-Glauben angehörten, zugrunde. Padmasambhavasoll
sich einige Jahre in Tibet aufgehalten haben, wo er verschiedene
Schriften unter anderem auch das »Tibetische Totenbuch«
verfasste. Den gemeinsamen Bemühungen der beiden indischen
Gelehrten und des tibetischen Königs ist es zu verdanken, dass
der Buddhismus nun in Tibet Wurzeln schlagen konnte. In der Folgezeit
sollten auch andere bedeutende indische Gelehrte nach Tibet kommen.
Sie waren dort vor allem als Übersetzer buddhistischer Schriften
tätig. Padmasambhava gilt als Begründer der Alten Schule
des tibetischen Buddhismus. Diese auch als Nyingmapa-Schule bekannte
buddhistische Richtung beruht vor allem auf den geheimen Lehren
der Tantras und Termas (=geheime Lehrtexte mit dazugehörigen
Ritualen).
Im 9. Jahrhundert konnte sich noch einmal das alte tibetische Bon-Priestertum
am Hofe durchsetzen, was dazu führte, dass der Buddhismus der
»Alten Schule« weitgehend aus Zentraltibet verdrängt
wurde. Zu einer zweiten Verbreitung dieser buddhistischen Richtung
kam es erst fast zweihundert Jahre später vom westtibetischen
Königreich Guge aus. In der Folgezeit entstanden im 11. Jahrhundert
drei verschiedene bedeutende tibetische Hauptschulrichtungen, die
sich wieder direkt an die indische Tradition anlehnten: die Sakyapa-,
die Kagyüpa- und die Gelugpa-Schule.
Der Sakyapa-Orden erhielt seinen Namen nach dem Mutterkloster Sakya
(Graue Erde). Die Tätigkeit dieses Ordens geht auf den großen
tibetischen Gelehrten und Übersetzer Dogmi (*992, 1072) zurück.
Der Begründer dieser Schule war Khön Köntschog Gyalpo
(*1034, 1102). Im Unterschied zu den meisten anderen Klostergemeinschaften
wird der Abt des Sakya-Klosters immer aus derselben Dynastie gewählt:
Meistens tritt die Nachfolge jeweils der älteste Sohn oder
Neffe des Vorgängers an. Die Mönche selbst sind allerdings
unverheiratet.
Im 12. und 13. Jahrhundert konnte sich der Sakyapa-Orden eine politische
Vormachtstellung in Tibet sichern. Er spielte eine zentrale Rolle
in den Auseinandersetzungen mit den benachbarten Mongolen zu Beginn
des 13. Jahrhunderts. Die Intervention Sakya Panditas, der damals
Abt des Sakya-Klosters war, verhinderte die Plünderung Tibets
durch die Mongolen mit einer Tributzahlung an Dschingis Khan. Zusammen
mit seinem Neffen Phagpa, seinem Nachfolger, gewann Sakya Pandita
zunehmend das Vertrauen der Mongolen. Diese beiden trugen auch zur
Übersetzung der buddhistischen Schriften ins Mongolische bei,
was die Ausbreitung des Buddhismus wesentlich förderte. Der
mongolische Herrscher Kubilai Khan (*1215, 1294) verlieh Phagpa
später den Titel eines Vizekönigs von Tibet. Damit entstand
erstmals eine Verbindung von geistlicher und weltlicher Macht, da
die Äbte des Sakya-Klosters damit zu politischen Oberhäuptern
des Landes aufrückten. In der Folgezeit sollte dies zur wachsenden
Politisierung der tibetischen buddhistischen Orden führen,
die miteinander um die Macht zu streiten begannen, was später
zu einer wachsenden Gefahr für die politische Einheit und Unabhängigkeit
Tibets werden sollte. Als der Großkhan Kubilai 1279 Kaiser
von China wurde, flossen dem Sakyapa-Orden weitere Reichtümer
zum Ausbau und zur Verschönerung seiner Klöster zu. Die
vorteilhaften Beziehungen der Sakyapa zu den Mongolen veranlasste
schließlich die Großlamas der anderen Orden, sich zur
Festigung ihrer Machtpositionen in Tibet in ähnlicher Weise
unter den Schutz mongolischer Fürsten zu stellen. Damit begann
auch die Einmischung Chinas in die inneren Angelegenheiten Tibets.
Der
Begründer des dritten großen Ordens, der Kagyüpa-Schule,
war der aus Südtibet stammende Marpa (*1012, 1097). Als Schüler
des bedeutenden tibetischen Lehrmeisters Dogmi, des Wegbereiters
der Sakyapa-Tradition, ließ sich Marpa als Übersetzer
für die in Sanskrit verfassten buddhistischen Schriften ins
Tibetische ausbilden. Dogmi war es auch, der Marpa zur weiteren
Ausbildung zum Mahasiddha Naropa nach Indien entsandte. Dort betrieb
Marpa weitere Studien zur buddhistischen Lehre und ihren Geheimtexten.
In historischen Texten wird er als schwieriger Charakter bezeichnet,
hinter dem ein raues Leben lag, und erst Dogmi soll es gelungen
sein, ihn zur Vernunft zu bringen.
Grundlage des Kagyüpa-Ordens sind die Lehrsysteme der Mahasiddhas
aus Indien, für die eine intensive Lehrer-Schüler-Beziehung
maßgeblich ist. Diese Lehren beinhalten einen abgekürzten
Weg zur Erleuchtung durch unterschiedliche, ganz bestimmte geheime
Techniken und Meditationswege. Marpas berühmtester Schüler
ist Milarepa, der seine als Einsiedler gesammelten meditativen Erfahrungen
in Form von Gesängen niedergelegt hat.
Der Begründer der vierten großen Schulrichtung des tibetischen
Buddhismus war der Gelehrte Tsongkhapa (*1357, 1419). Die Anhänger
seiner Schule werden als Gelugpa (die Tugendhaften) bezeichnet,
da sie sich besonders strengen Ordensregeln unterwerfen, wozu auch
die Einhaltung des Zölibats gehört. Auch Tsongkhapa wurde
unter anderem von einem bedeutenden Sakyapa-Lehrmeister, Redawa,
ausgebildet. Der neue Orden berief sich in seiner Lehrtradition
in fast allen Fragen der Ethik und der Philosophie sowie des Rituals
auf die zahlreichen Schriften seines Gründers Tsongkhapa, dessen
wichtigstes Werk, »Der Stufenweg zur Erleuchtung«, zur
geistigen Richtschnur der Schule wurde. Die darin enthaltenen Erläuterungen
sind Auslegungen verschiedener Geheimtexte.
Zu einer bis heute bedeutsamen Institution innerhalb des Ordens
entwickelte sich der Brauch, die Nachfolge der Klosteräbte
zu regeln, indem der neue Abt jeweils als Wiedergeburt (Reinkarnation)
des zuletzt Verstorbenen »wieder entdeckt« wurde. Bei
den Großlamas wurde diese Wiederentdeckung mithilfe von Prophezeiungen
und andereren Hinweise vorgenommen. Auf diesem Hintergrund entstanden
auch die Inkarnationsreihen der Dalai Lamas sowie der Pantschen
Lamas, die bis in die Gegenwart reichen. Der Pantschen-Lama ist
das zweitwichtigste religiöse Oberhaupt Tibets. Zur Wiederentdeckung
des Dalai Lama und des Pantschen Lama wurde außerdem das Staatsorakel
zurate gezogen. Während jedoch die Dalai Lamas als Verkörperungen
Avalokiteshvaras, des Boddhisattvas des unendlichen Mitleids, verehrt
werden, gilt der Pantschen Lama als Erscheinung des Vollendeten
mystischen Buddha Amitabha. Der Titel eines Dalai Lama (=mongolisch
»Ozean-Lehrer« oder »Weltmeer-Lehrer«; der,
dessen Wissen so tief und weit wie ein Ozean ist) wurde im 16. Jahrhundert
erstmalig von einem mongolischen Fürst verliehen. Die Mongolen
setzten auch im 17. Jahrhundert den großen fünften Dalai
Lama, Losang Gyatso, zum Oberhaupt von ganz Tibet ein, wodurch die
Grundlage für den schließlich entstehenden lamaistischen
Kirchenstaat gelegt wurde, in dem die Gelugpa-Mönche, die nach
ihrer gelben Kopfbedeckung benannten »Gelbmützen«,
zum herrschenden Orden wurden.

Die Kultur Tibets kreist traditionell um den Lamaismus. Lange Tradition
haben esoterische Bilddarstellungen, Mandalas und Drucke. In alten
tibetischen Schriften sind einige der vollständigsten Sammlungen
von Sutren des Mahayana-Buddhismus enthalten. Zum Lamaismus gehören
auch zahlreiche religiöse Feste, Zeremonien und folkloristische
Feiertage.
Bodenschätze und Wirtschaft
Tibet ist reich an Bodenschätzen, die bisher allerdings nur
in geringem Maße abgebaut werden. Neben Vorkommen von Gold
gibt es auch Eisenerz, Kohle, Salz und Borax, Schieferöl, Magnesium,
Blei, Zink, Quarz und Graphit. Auch Jade, Lapislazuli und andere
Edelsteine und Halbedelsteine wurden entdeckt. Die Wirtschaftstätigkeit
Tibets konzentriert sich auf Landwirtschaft zur Deckung des Eigenbedarfs.
Auf dem Hochland von Tibet stellt Tierhaltung den wichtigsten Erwerbszweig
dar. Neben Schaf-, Rinder- und Ziegenherden werden auch Kamele,
Yaks, Pferde und andere Lasttiere gehalten. Zum Ackerbau geeignetes
Land ist nur begrenzt vorhanden und im Allgemeinen auf die Flusstäler
beschränkt. Die Hauptanbauprodukte sind Gerste, Weizen, Buchweizen,
Roggen, Kartoffeln sowie verschiedene Gemüse- und Obstsorten.
Der Anbau von Baumwolle, Sojabohnen und Hanf dient dem Handel. Die
Industrie ist zwar gewachsen, bleibt jedoch insgesamt auf kleinere
Betriebe beschränkt. Dort werden u.a. Textilien, Holz- und
Metallerzeugnisse produziert.

Die
Buddha-Gestalt weist im Götterhimmel des tibetischen Mahayana-
und Vajrayana-Buddhismus äußerst vielfältige Formen
auf. Dies ist vor allem auf die Vergöttlichung Buddhas zurückzuführen,
welche schon in den ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderten
während der Entfaltung des Mahayana-Buddhismus in Indien begann.
Auch in der vor allem von Mahayana und Vajrayana geprägten
religiösen Kunst Tibets entwickelten sich ganze Darstellungskomplexe,
die ihn beispielsweise als Buddha der Vergangenheit, der Gegenwart,
der Zukunft, der Himmelsrichtungen, der Heilkunst und auch als Buddha
vergangener und zukünftiger Weltsysteme zeigen. Beliebt ist
auch die Darstellung der »Acht Medizin-Buddhas« sowie
die der »Sechs Buddhas der sechs Welten«. In der als
ursprünglich betrachteten Lehre des historischen Buddha der
Gegenwart, Siddharta Gautama, der wahrscheinlich um 500 v. Chr.
gelebt hat, gibt es keine bildliche Darstellung der Person. Der
Überlieferung nach hatte Buddha nur seinen Jüngern gestattet,
sein Bildnis anzufertigen. Dahinter steht der Gedanke des Hinayana-Buddhismus,
dass der Mensch sich nicht durch die Anbetung und damit Vergöttlichung
Buddhas, sondern durch seine eigene Kraft, im Glauben an seine eigenen
Fähigkeiten, die Möglichkeit eröffnen soll, ins Nirvana
einzugehen.
Doch in der Folgezeit musste sich die buddhistische Gemeinde, der
Sangha, gegen verschiedene andere religiöse Glaubensrichtungen
in Indien behaupten; man meinte, durch die Vergöttlichung des
Erleuchteten größeres Interesse für die buddhistischen
Vorstellungen erwecken zu können. Daraus entwickelte sich eine
idealisierende Darstellung, welche ihn unter anderem als Weltenherrscher,
als »Vollendeter Buddha« zeigte. Buddha-Figuren wurden
nun mit verschiedenen Charakteristiken versehen dargestellt, die
man beispielsweise anhand der wechselnden Farben, der unterschiedlichen
Hand- und Sitzhaltungen und aufgrund verschiedener weiterer Kennzeichen
unterscheiden kann. Besonders seit dem 1. und 2. Jahrhundert n.Chr.
bei Entstehung der Mahayana-Lehre wurden auch Götter und Dämonen
anderer Glaubensrichtungen als dem Buddhismus zugewandte Wesen verstanden
und in den Götterhimmel miteinbezogen. Dies führte in
der Folgezeit zu einer enormen Formenfülle, die die religiöse
Kunst Tibets bis heute prägt.
Im
tibetischen Buddhismus werden Buddhas und Bodhisattvas als Helfer
des Menschen auf dem Weg zur Erleuchtung aufgefasst. Sie gelten
als Personifikationen geistiger Kräfte, die man durch Mantras
(Gebetsformeln) und Rituale aktiviert und damit zur Unterstützung
auf dem Weg zur Erleuchtung gewinnt. In der Versenkung oder Meditation
soll der Betrachter sich die entsprechenden Qualitäten der
mit den Kultbildern oder Statuen dargestellten göttlichen Wesen
vor Augen führen, sie verinnerlichen und sich selbst mit den
entsprechenden Aspekten gleichsetzen. Die Welt besteht in der buddhistischen
Vorstellung aus einer Zusammensetzung der fünf Elemente: Erde,
Wasser, Feuer, Luft und leerer Raum beziehungsweise Äther.
Im tibetischen Buddhismus entwickelte sich daraus eine Symbolwelt
mit vielfältigen Erscheinungen. Die Elemente bilden etwa die
Voraussetzung für die Gleichsetzung mit den fünf Himmelsrichtungen
(Zentrum, Norden, Süden, Osten, Westen), den fünf Farben,
den fünf Wissensarten und den »Fünf Vollendeten
Buddhas« (Tathagatas). Die Zentralfiguren des tibetischen
geheimen Buddhismus, die »Fünf Vollendeten Buddhas«,
werden als mystische Erscheinungen verstanden.
Als Helfer und Beschützer auf dem Weg zum Nirvana genießen
männliche und weibliche Bodhisattvas sowie bestimmte weibliche
Gottheiten mit Bodhisattva-Charakter - die Taras - besondere Verehrung.
Bodhisattvas verkörpern Buddhas helfendes Mitleid, die höchste
buddhistische Tugend. Im Streben nach dem Absoluten, der Erlösung,
hat ein Bodhisattva schon höchste Vollkommenheit erreicht,
die es ihm ermöglicht, sofort ins Nirvana einzugehen. Jedoch
verzichtet er zunächst darauf, damit er der leidenden und unerlösten
Menschheit auf dem Weg der Erlösung helfen kann. Bodhisattvas
vereinigen die höchsten Tugenden, sodass sie nicht mehr dem
Kreislauf der Wiedergeburten verfallen können. Auf den, der
Bodhisattvas und Taras in Gebeten verehrt, sollen deren Tugenden
übergehen. Zu den wichtigsten, auch in der religiösen
Kunst dargestellten Bodhisattvas gehören Avalokiteshvara, Manjushri
und Vajrapani, die häufig auch als Dreiheit dargestellt sind.
Sie haben die drei Grundübel des Buddhismus Gier, Hass und
Verblendung aus sich getilgt. Stattdessen haben sie die drei Haupttugenden
des Mahayana-Buddhismus Liebe und Mitleid, Weisheit und Einsicht
sowie Wille und Tatkraft aus sich heraus entwickelt.
Die
friedvollen göttlichen Wesen des Mahayana- und Vajrayana-Buddhismus
(Buddhas, Bodhisattvas und Tara) zeichnen sich in der Darstellung
durch eine entspannte, gelöste Haltung und durch eine elegante,
wohlproportionierte Erscheinung aus im Gegensatz zu den schrecklichen
und grimmigen Gottheiten (Yidams, Dakinis, Dharmapalas). Bodhisattvas
und Taras tragen fürstlichen Kopf- und Körperschmuck sowie
kostbare Kleider. Ihr Haar ist meist zu einem kunstvollen Knoten
hochgesteckt.
Die Yidams und Dakinis, Meditations- und Initiationsgottheiten,
unterteilt man in friedvolle, grimmige und zornvolle Erscheinungen
der »Fünf Vollendeten Buddhas«. Die in Statuen
und auf Bildern dargestellten Initiationsgottheiten werden gleichzeitig
als Verbildlichung eines bestimmten tantrischen Ritualtextes und
als spirituelle Führer des Eingeweihten auf dem Weg zur Erleuchtung,
dem tantrischen Pfad, verstanden. Sie haben die Buddhaschaft verwirklicht
und stehen in der Stufenleiter des tibetischen Buddhismus über
den Schutzgöttern, den Mahakalas und Dharmapalas. Der tantrische
Pfad wird in vier große Klassen eingeteilt. Im Allgemeinen
bestimmt der Lehrer die Übungen der vier Tantra-Klassen für
seinen Schüler: Was jedoch für den einen ob Lama oder
Schüler nützlich oder erlaubt ist, kann für den anderen
schädlich und verboten sein. Die mit den tantrischen Ritualtexten
verbundenen Gottheiten werden als geistige Führer des Einzelnen
auf seinem Initiationsweg verstanden. Der Eingeweihte folgt einem
rituell genau vorgeschriebenen Übungsweg und konzentriert sich
dabei auf eine bestimmte mit ihm verbundene Schutzgottheit, den
Yidam, welche ihm auch später stets als Leitbild dienen soll.
Sowohl Buddhas und Bodhisattvas, als auch die speziellen Gottheiten
dieser Tantra-Texte oder die Mahakalas können als Yidams eingesetzt
werden. Buddhas und Bodhisattvas treten als Yidams jedoch nur in
den beiden unteren Tantra-Klassen auf, in der dritten und vierten
Stufe der Tantras werden die zornvollen Aspekte der Gottheiten visualisiert,
was höchste Anforderungen an den Übenden stellt. Die vier
Tantra-Klassen sind nicht nur ein allumfassendes Lernprogramm, sondern
Stufen eines Initiationsweges, um die Vollkommenheit der Buddhaschaft
zu erlangen. Die Führer auf diesem Weg gehören zu den
kompliziertesten Gestalten des lamaistischen Götterhimmels,
da sie eine Vielfalt von Kräften und Eigenschaften symbolisieren.
In den Lebensbeschreibungen einiger indischer Lehrmeister werden
die Dakinis oft erwähnt. Sie gelten als Übermittlerinnen
geheimen Wissens und übernatürlicher Fähigkeiten
sowie als Beschützerinnen vor Gefahren. Neben den männlichen
Yidam-Gestalten spielen auch diese weiblichen Initiationsgottheiten
eine bedeutende Rolle. Sie sind die weiblichen Ergänzungen
(Prajnas) der »Fünf Vollendeten Buddhas«. Die kultische
Verehrung weiblicher Gottheiten, die Fruchtbarkeit und Segen spenden
sollten und denen blutige Opfer dargebracht wurden, war in Zentralasien
und auf dem indischen Subkontinent weit verbreitet. Doch erst nach
dem Vordringen der Indoarier etwa seit 1500 v. Chr. wandelte sich
die ursprünglich nicht patriarchal geprägte zugrunde liegende
Sozialstruktur zu einer patriarchalen, in der die weiblichen Gottheiten
nur noch eine untergeordnete Rolle spielten. Im Tantrismus sowohl
hinduistischer als auch buddhistischer Prägung werden die weiblichen
Gottheiten den männlichen als gleichrangige Partnerinnen zur
Seite gestellt: Der Tantriker identifiziert sich mit dem männlichen
und dem weiblichen Pol, ebenso wie er sich mit den friedvollen und
zornvollen Aspekten der Gottheiten gleichsetzt - als Zeichen der
Einheit dieser Gegensätze. Im tantrischen Buddhismus werden
die Dakinis als Wesen verstanden, die eine ungeheure Verwandlungsfähigkeit
besitzen; aus diesem Grund werden sie auch als »Luftwandlerinnen«
bezeichnet, die in der irdischen, der unterirdischen und der himmlischen
Welt zu Hause sind. Die Vorstellung von diesen drei Welten, in denen
sich sowohl Geister und Götter als auch Dämonen befinden
können, ist zum Teil auch im Volksglauben zu finden. Im tibetischen
Buddhismus sind die göttlichen Wesen und Geister jedoch zu
Begleitern auf dem Weg zur Erkenntnis geworden. Dakinis können
sowohl als zornvolle Partnerinnen, eng verschlungen mit Yidams dargestellt
werden oder, wie eine irdische Frau, als tantrische Partnerin eines
Yogi erscheinen; ebenso können sie in Gestalt einer Hexe oder
einer freundlichen Fee wirken und dargestellt werden, die plötzlich
auftaucht und jederzeit wieder verschwinden kann, wenn ihre Hilfe
nicht mehr benötigt wird.
Weitere in der tibetischen Kunst dargestellte Erscheinungen zornvoller
Beschützer der Lehre sind die Mahakalas und Dharmapalas. In
Tibet hatten alle Klöster und viele größere wichtige
Gebäude eine Kapelle für die Schutzgottheiten, die jeweils
einem ganz bestimmten Mahakala (=der große Schwarze, der große
zornvolle Beschützer) unterstand. Die Zuweisung richtete sich
nach der Schulzugehörigkeit des entsprechenden Klosters. Ein
damit beaufragter Mönch führte täglich Rituale für
die Schutzgottheit durch. Die Mahakalas zählen zu den Dharmapalas,
doch haben sie in der Verwirklichung der Buddhaschaft bereits einen
höheren Rang erreicht als jene.
Zu den rangniederen Schutzgottheiten gehören die Dharmapalas,
die Beschützer des Dharma, der Lehre. Die Dharmapalas wurden
aus der indischen Vorstellung sowie aus der vorbuddhistischen Zeit
Tibets übernommen. Hinsichtlich ihres Ranges gibt es sehr deutliche
Unterschiede. Die Aufgabe aller Mahakalas und Dharmapalas ist es,
besondere Hindernisse, die den Meditierenden vom Erreichen seines
Zieles abhalten, zu beseitigen und ihn vor Rückfällen
zu schützen. Die Vielzahl und Unterschiedlichkeit ihrer Erscheinungen
und damit ihrer Darstellungen hat nicht nur historische Gründe,
sondern erklärt sich auch aus der Vielfalt der Bedürfnisse
der Meditierenden sowie aus den Erfahrungen der tantrischen Praxis.
Auch bei äußeren, weltlichen Schwierigkeiten erbittet
der Gläubige den Beistand der Dharmapalas.
Lokapalas
und Norlhas gehören zu den rangniederen Gottheiten des lamaistischen
Götterhimmels und werden hinter den Dharmapalas eingereiht.
Sie werden als Richtungs- und Reichtumsbeschützer (die »Vier
Großen Weltenwächter«) und Reichtumsvermehrer aufgefasst.
Grundsätzlich sind sie im Vorhof zur großen Versammlungshalle
im Tempelbereich abgebildet. Im Allgemeinen werden sie nur angerufen,
um vor äußeren Gefahren zu schützen und um weltliche
Güter zu erbitten. Auch hier gibt es eine Unzahl von göttlichen
Wesen, die sich durch charakteristische Farben, Haltungen, Attribute
und einen bestimmten Wohnsitz im Universum auszeichnen.
Ihre eigentliche Aktualität im Kult erhalten die Kunstwerke
des tantrischen tibetischen Buddhismus erst in dem vor ihnen ausgeführten
Ritual. Aus diesem Grund wird auch den in den Zeremonien benutzten
Geräten und Instrumenten besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Man legt großen Wert auf reiche Gestaltung und Verzierung;
so entstanden besonders im 7. und 8. Jahrhundert, mit dem Einzug
des tantrischen Buddhismus in Tibet, Meisterwerke des Kunsthandwerks.
Aus den umgebenden Nachbarländern strömten Künstler
und Handwerker in die Hauptstadt Lhasa, um dort Handwerks- und Malwerkstätten
zu gründen.
tibetische
Literatur
Die
tibetische Literatur. ist seit dem 7.Jahrhundert nachweisbar (grammatische
Texte, Zaubersprüche, Inschriften und die Annalen von Dunhuang).
Buddhistische Texte wurden aus dem Sanskrit ins Tibetische übersetzt,
die, im 14.Jahrhundert im Kandschur (Ȇbersetzung des
[Buddha-]Wortes«) und im Tandschur (»Übersetzung
der Lehrschriften«) zusammengestellt, den Kanon der buddhistischen
Schriften bilden. Daneben gibt es zahlreiche original tibetische
Werke (philosophische und exegetische Abhandlungen, religionsgeschichtliche
Darstellungen, Biografien, Klosterführer, Ritualhandbücher).
Das profane Schrifttum (Chroniken, Gedichte, Epen, Erzählungen,
Schauspiele, Lieder) ist meist vom Lamaismus beeinflusst.

Die Bevölkerung Tibets ist vermutlich aus dem Huang-He-Tal
und dem zentralasiatischen Raum, in dem sich nomadische Turkvölker
aufhielten, in das Gebiet eingewandert. Das frühe Tibet war
in Fürstentümer unterteilt, die im 6.Jahrhundert zusammengelegt
wurden. Srong-brtsan-sgam-po dehnte seine Militärmacht bis
nach Nepal, Westtibet und über Teile Indiens aus und ging durch
Heirat eine Verbindung mit der chinesischen Tang-Dynastie ein. Er
förderte den Buddhismus und übernahm aus Indien eine Schrift
für das Tibetische. Vom ausgehenden 7.Jahrhundert an begannen
tibetische Streitkräfte damit, ins chinesische Grenzgebiet
vorzustoßen und Karawanen, die auf der Seidenstraße
reisten, anzugreifen. Die kriegerischen Aktionen erreichten ihren
Höhepunkt 763, als tibetische Truppen nach China eindrangen,
sich in der Rebellion von An Lu-Shan organisierten, und die Hauptstadt
Chang'an (das heutige Xian) einnahmen. Ungefähr zur selben
Zeit trat der indische Mönch Padmasambhava auf. Sein Erscheinen
fällt in die Zeit der größten Verbreitungswelle
des Buddhismus unter dem König Khri-srong-lde-brtsan, der auch
das berühmte Kloster bei Bsam-yas (Samye) gründete.
Mongolische
Herrschaft und Lamaismus
Gegen Ende des 10.Jahrhunderts zerfiel das tibetische Königreich
allmählich in eine Reihe kleinerer Fürstentümer.
Der Buddhismus erlitt um die Mitte des 11.Jahrhunderts einen zeitweiligen
Niedergang, wurde aber von indischen Missionaren wieder zu neuem
Leben erweckt. Als Folge nahm die weltliche wie auch die religiöse
Macht der Klöster mehr und mehr zu. In einigen Klöstern
herrschte der Brauch, beim Tod eines Lamas oder Klosteroberen einen
Jugendlichen, den man für die Reinkarnation des Verstorbenen
hielt, als dessen Nachfolger einzusetzen. 1240 marschierten mongolische
Truppen ein und griffen mehrere Klöster an. 1247 wurde ein
führender Lama vom Kublai Khan zum befristeten Vizekönig
in Tibet ernannt. Die Verwaltung der Region wurde unter mongolischer
Aufsicht neu organisiert. Nach dem Fall der mongolischen Yüan-Dynastie
1368 erlangte Tibet seine Unabhängigkeit wieder. Rivalisierende
Klöster rangen dem Lama-Vizekönig die Herrschaftsgewalt
ab. Im 15.Jahrhundert wurde für kurze Zeit nochmals eine weltliche
Regierungsgewalt hergestellt. Zur selben Zeit wurde der tibetische
Buddhismus von dem strengen Reformer Tsong-kha-pa erneuert. Dieser
gründete
die Dge-lugs-pa-Sekte, die auch als „Gelbmützensekte"
oder „Gelbe Kirche" bekannt ist. 1578 erhielt das damals
dritte Oberhaupt der Sekte vom Mongolenfürsten Altan Khan den
Titel Dalai („ozean-weit")-Lama, wodurch formal das Regierungssystem
von Khan und Vizekönig erneuert wurde. Altan unterstellte außerdem
praktisch alle Mongolen der religiösen Autorität des Dalai-Lama.
Das vierte Oberhaupt der Dge-lugs-pa-Sekte wurde angeblich in der
Familie Altans reinkarniert, und mongolische Truppen drangen nach
Tibet ein, um den Anspruch Altans zu untermauern. Trotz des Widerstands
der Karma-pa-Sekte und der weltlichen Aristokratie Tibets gelang
es dem Bündnis aus Mongolen und Dge-lugs-pa um 1642, eine Regierung
Tibets durch die Dalai-Lamas durchzusetzen.
Chinesische
Herrschaft
Im frühen 18.Jahrhundert wurden die Mongolen und die neue Dynastie
Chinas, die Qing-Dynastie, in die Staatsangelegenheiten Tibets verstrickt,
als der sechste Dalai-Lama wegen Betrugs abgesetzt wurde. 1720 vertrieben
chinesische Truppen die Mongolen und wurden in Lhasa willkommen
geheißen. Die Qing-Kaiser erhielten nominal die Herrschaft
über Tibet: Sie ließen eine Vertretung und eine kleine
Garnison in Lhasa zurück, beließen jedoch die Regierung
in den Händen der Dalai-Lamas. Zum letzten bedeutenden Eingreifen
der Qing-Dynastie in Tibet kam es 1792, als chinesische Truppen
mithalfen, eine Invasion der Gurkha aus Nepal zurückzuschlagen.
Inzwischen versuchten führende Vertreter der britischen Kolonialmacht
in Indien, sich einen Stützpunkt in der Region zu sichern.
Die Anstrengungen blieben jedoch erfolglos, vor allem da die Tibeter
über die britische Unterstützung der Gurkha-Invasion verärgert
waren. Mit Ausnahme der Chinesen wurden nach 1792 alle fremden Mächte
aus Tibet fern gehalten. Die Qing-Dynastie beteiligte sich nicht
an Tibets Kriegen gegen Ladakh (1842) und Nepal (1858). 1904 wurde
Tibet, das inzwischen praktisch unabhängig von China war, von
den Briten besetzt, die über Anzeichen eines wachsenden russischen
Einflusses in Tibet beunruhigt waren. Diese Militärexpedition
schuf die Grundlage für ein bilaterales Abkommen, das 1906
zwischen Großbritannien und China geschlossen wurde. Darin
erhielt das chinesische Kaiserreich die Oberhoheit über Tibet.
Tibet selbst wurde an der Beschlussfassung nicht beteiligt. Das
Abkommen sah auch die Zahlung umfangreicher Entschädigungssummen
an die Briten vor, die in der Folgezeit nach und nach ihre Truppen
abzogen. 1907 trafen die Regierungen von Großbritannien und
Russland ein Abkommen, in dem sie sich gegenseitig zusicherten,
nicht in tibetische Staatsangelegenheiten einzugreifen.
Nominale
Unabhängigkeit
Die britisch-chinesische Konvention ermutigte die Qing-Dynastie
1910 zum Einmarsch in Tibet. Die Qing wurden jedoch 1912 durch eine
Revolution gestürzt, und so erhielt Tibet bald darauf offiziell
die Unabhängigkeit von China. Sämtliche chinesische Beamte
und Truppen wurden 1913 aus dem Land vertrieben. 1914 fand in Simla
eine Konferenz mit Vertretern der Regierungen von Großbritannien,
China und Tibet statt, in der man sich ansatzweise über eine
Konvention zur Regelung der gegenseitigen Beziehungen und vor allem
zu Fragen der Grenzziehung einigen konnte. Das Abkommen sah u.a.
ein autonomes Tibet vor, wobei jedoch die Chinesen die Oberhoheit
über die Region Inneres Tibet, die direkt an China grenzt,
erhielten. Großbritannien unterzeichnete die Konvention im
Juli 1914, China hingegen lehnte sie in der Folgezeit ab. 1918 entluden
sich die angespannten Beziehungen zwischen Tibet und China in einer
kriegerischen Auseinandersetzung. Im September desselben Jahres
wurde mit britischer Hilfe ein Waffenstillstand geschlossen. Nachfolgende
Bemühungen, den Konflikt beizulegen, scheiterten, und so kam
es im Verlauf des Jahres 1931 immer wieder zu aufflammenden Gefechten.
Währenddessen wurde Tibet weiterhin als unabhängiger Staat
von den Dalai-Lamas regiert.
Erneuter
Anschluss an China
Im Oktober 1950, kaum ein Jahr nachdem die Kommunisten das chinesische
Festland vollständig unter ihre Kontrolle gebracht hatten,
marschierten kommunistische Truppen in Tibet ein. Um das Volk gegen
die vorrückenden Invasionstruppen zu rüsten, stattete
die Regentschaft im November den damals erst 15-jährigen 14.Dalai-Lama
mit den vollen Machtbefugnissen aus. Dennoch war der Widerstand
bald gebrochen. Auch Großbritannien und Indien boten keine
Unterstützung an. Im Mai 1951 kapitulierte die tibetische Regierung
und unterzeichnete einen diktierten Vertrag. Danach sollte die Regierungsgewalt
des Dalai-Lama in inneren Angelegenheiten erhalten bleiben, tibetische
Außen- und Militärpolitik sollte chinesischer Kontrolle
unterstellt werden, und der Pantschen-Lama, der spirituelle Führer
des Lamaismus, der als Anhänger des kommunistischen Regimes
galt, sollte aus China nach Tibet zurückkehren. Kommunistische
Militäreinheiten erreichten Lhasa im Oktober. Der Pantschen-Lama
traf dort im April 1952 ein.
Maßnahmen
Chinas
Im Lauf des Jahres 1952 führten die Chinesen forciert Maßnahmen
zur Verbesserung der Infrastruktur in Tibet durch. In verschiedenen
Landesteilen wurden Flugplätze fertig gestellt und der Bau
von Straßen für militärische Zwecke vorangetrieben.
Anfang 1953 wurden Säuberungsaktionen gegen antikommunistische
Kräfte durchgeführt. Im folgenden Jahr erkannte Indien
Tibet als Teil Chinas an und löste die Garnisonen auf, die
an zwei Handelsposten entlang der tibetischen Grenze errichtet worden
waren. In der Folgezeit wurde der Dalai-Lama zum Vizepräsidenten
der chinesischen gesetzgebenden Versammlung, dem Nationalen Volkskongress,
gewählt. Gemäß den Bedingungen eines im April 1955
unterzeichneten Vertrags übergab Indien die Kontrolle über
das tibetische Telefon-, Telegraphen- und Postverkehrsnetz an China.
1956 wurde ein Komitee gegründet, das eine Verfassung für
Tibet ausarbeiten sollte. Der Dalai-Lama wurde zum Vorsitzenden
und der Pantschen-Lama zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden
ernannt.
Tibetische
Aufstände
1956 kam es zu Aufständen und Guerillaaktivitäten der
Tibeter gegen das chinesische Regime. Mao Tse-tung gab einige Monate
später bekannt, dass Tibet für die Errichtung eines kommunistischen
Regimes noch nicht bereit sei. In der zweiten Hälfte des Jahres
1958 wurden verbreitete Aktivitäten der antikommunistischen
Guerilla im Osten Tibets gemeldet. Die Unruhen waren vermutlich
Reaktionen auf Bestrebungen, Volkskommunen nach chinesischem Vorbild
zu errichten, in denen die Bevölkerung mit quasimilitärischer
Disziplin arbeiten sollte, um die Produktionsleistung zu steigern.
Obwohl die Chinesen ankündigten, dass die Einführung der
Kommunen in Tibet aufgeschoben werde, ließen sich die Unruhen
nicht mehr eindämmen. Im März 1959 weiteten sie sich in
Lhasa zu einer umfassenden Rebellion aus. Gegen Ende des Monats
floh der Dalai-Lama nach Indien und gründete dort später
eine tibetische Gemeinde. Die Chinesen schlugen schließlich
die Rebellion nieder und setzten den Pantschen-Lama als Staatsoberhaupt
ein. Schätzungen zufolge wurden etwa 87000Tibeter bei den Aufständen
getötet. Am 21.Oktober stimmte die Generalversammlung der Vereinten
Nationen einer Resolution zu, in der die Unterdrückung der
Menschenrechte in Tibet verurteilt wurde. Eine zweite Resolution
mit ähnlichem Inhalt wurde am 9.März 1961 verabschiedet.
Kommunistische
Oberherrschaft
Zehntausende von Tibetern flohen nach der chinesischen Invasion
ins Ausland, die meisten nach Indien, einige in die Himalaya-Königreiche
Nepal und Bhutan. Der Dalai-Lama gründete in Indien eine tibetische
Exilregierung. 1965 wurde Tibet formal zur autonomen Region der
Volksrepublik China erklärt, und die chinesische Regierung
verkündete, dass die Region einer kontinuierlichen Umwandlung
zum Sozialismus unterzogen werde. Während der Kulturrevolution
nahm die Verfolgung der Religion durch die maoistischen Roten Garden
weiter zu. Hunderte von Klöstern und buddhistischen Denkmälern
wurden gesprengt. Man schätzt, dass seit 1950 bis zu einem
Sechstel der Bevölkerung Tibets durch die kommunistische Gewaltherrschaft
ums Leben kam.
Seit dem Ende der Kulturrevolution in den späten siebziger
Jahren hat China seine Politik gegenüber Tibet etwas gelockert.
Der Pantschen-Lama, der 1964 seines Amtes enthoben worden war, wurde
1978 vom Regime wieder zugelassen. Er forderte den Dalai-Lama mehrmals
zur Rückkehr auf. China gab 1980 zu, in Tibet Fehler gemacht
zu haben, und kündigte Reformen an. So wurde etwa die Religionsausübung
gestattet; von den Roten Garden zerstörte Klöster wurden
wieder aufgebaut mit dem Ziel, das Verhältnis zur Bevölkerung
zu verbessern. Im Oktober 1987 und im Mai 1993 kam es zu gewalttätigen
Demonstrationen gegen die chinesische Herrschaft. Die Führung
Chinas reagierte darauf mit einer Reihe von Maßnahmen, wie
gewaltsamer Unterdrückung abweichender Haltungen, rigoroser
Überwachung, strengster Kontrolle religiöser Aktivitäten
sowie systematischer Ansiedlung von Han-Chinesen. Im August 1993
fanden erstmals seit zehn Jahren Gespräche zwischen China und
Vertretern des Dalai-Lama statt, die jedoch keine grundlegenden
Veränderungen in der Haltung Chinas bewirken konnten. In den
folgenden Jahren hielt die politische und religiöse Unterdrückung
Tibets durch chinesische Behörden an. Im April 1996 wurde verfügt,
dass in den buddhistischen Versammlungsstätten keine Bilder
des Dalai Lama gezeigt werden dürfen.

[zu
mongolisch dalai »Ozean« (des gelehrten Wissens) und
tibetisch bla-ma »der Obere«] der, der höchste
geistliche Würdenträger des Lamaismus; seit dem 16.Jahrhundert
das religiöse und politische Oberhaupt Tibets. Der gegenwärtige
14.Dalai-Lama, Tenzin Gyatso (*1935, 1940 inthronisiert), floh nach
der Besetzung Tibets durch China (1959) nach Indien, lebt in Dharamsala
(Bundesstaat Himachal Pradesh) und tritt im Rahmen der von ihm geleiteten
(von keinem Staat offiziell anerkannten) tibetischen Exilregierung
dafür ein, über Verhandlungen mit der chinesischen Regierung
eine wirkliche Autonomie Tibets zu erlangen. Auf internationaler
Ebene setzt sich der Dalai-Lama für Toleranz zwischen den Religionen
und Völkern und die Wahrnehmung der globalen Verantwortung
der Menschheit ein. 1989 erhielt er den Friedensnobelpreis. Weltweit
gilt er als einer der bedeutenden religiösen Repräsentanten
der Gegenwart.
Dalai-Lama:
Das religiöse Oberhaupt des tibetischen Lamaismus
Sohn
einer Bauernfamilie und Reinkarnation seines Vorgängers
Der
Name Dalai-Lama kommt aus dem Mongolischen (»dalai«
für Ozean) und aus dem Tibetischen (»bla-ma« für
der Obere). Der derzeitige (14.) Dalai-Lama kam am 06. 06. 1935
mit dem Namen Tenzin Gyatso als Sohn einer Bauernfamilie im Dorf
Taktser in Osttibet zur Welt. Im Jahr 1940 wurde er inthronisiert.
Der Dalai-Lama ist das politische und neben dem Pantschen-Rinpotsche
(auch Pantschen-Lama genannt) das religiöse Oberhaupt des tibetischen
Lamaismus. Der Dalai-Lama residierte früher als Großlama
des lamaistischen Ordens der »Gelbmützen« im Potala-Palast
in Lhasa. Zwischen Dalai-Lama und Pantschen-Lama gab es schon seit
langer Zeit eine politische Rivalität, denn der Dalai-Lama
war China, der Pantschen-Lama Indien und damit früher Großbritannien
zugeneigt. Wie seine Vorgänger gilt auch der derzeitige Dalai-Lama
als Inkarnation des Bodhisattva Avalokiteshvara sowie als Inkarnation
seines eigenen Vorgängers, da dieser sich in ihm als Kind,
das kurz nach dem Tod des vorherigen Dalai-Lamas zur Welt gekommen
ist, anhand bestimmter körperlicher Merkmale geoffenbart hat.

Eine Mönchsreligion
Der Lamaismus
ist eine im 8. Jahrhundert in Tibet sowie in Ladakh und Zanskar
(Indien) entstandene Form des Buddhismus, die heute außer
in Tibet vor allem in Bhutan, der Mongolei, Nepal und Sikkim verbreitet
ist. Der Buddhismus wurde aus Indien in Tibet eingeführt und
verschmolz dann dort mit der Bon-Religion, der ursprünglichen
Nationalreligion der Tibeter, von der er den Dämonen- und Zauberglauben
übernahm. Der Lamaismus ist eine Mönchsreligion, deren
Grundlage, was die religiöse Praxis angeht, der Tantrismus
ist. Mittelpunkt der Lehre des Lamaismus ist die Lehre von der »Leerheit«,
die sich das Seiende als trügerische Illusion vorstellt. Erlösung
erlangt der Mensch in der vollkommenen Erkenntnis dieser Wahrheit.
Der Weg dorthin führt stufenweise über Meditation, Joga
und ein kompliziertes System von magischen Ritualen. Typisch für
diese Religion ist das unaufhörliche Rezitieren magischer Formeln,
ferner das Drehen von Gebetsmühlen und das Aufstellen von Gebetsfahnen.
Eigentlicher
Begründer: Der indische Mönch Padmasambhava
Eigentlicher Begründer des Lamaismus war im Jahr 747 der indische
Mönch Padmasambhava, als er das erste Kloster gründete
und die ersten Mönche weihte. Sie wurden »rote Schule«
oder (nach der Farbe ihrer Kopfbedeckungen) »Rotmützen«
genannt. Immer mehr entwickelten sich die Klöster zu politischen
und wirtschaftlichen Zentren und im 13. Jahrhundert wurde den obersten
Geistlichen durch den mongolischen Khan Khubilai die Oberherrschaft
über Tibet zugesprochen.
Reformbewegung der »Gelbmützen«
Tsongkhapa
war der Kopf einer Reformbewegung, die sich gegen die zunehmende
Verweltlichung des Lamaismus einsetzte. Diese Reformbewegung wurde
»gelbe Schule« oder »Gelbmützen« genannt;
sie erreichte eine Erneuerung der buddhistischen Ethik und Lehre,
ein Zölibat für die Mönche, die Schaffung einer strengen
Hierarchie und die Errichtung eines Priesterstaates in Tibet. Besonders
der »große 5.« Dalai-Lama verstand es, die politische
Macht der »gelben Schule« auszudehnen, und zwar mithilfe
der Mongolen. Im Jahr 1717 wurde die tibetische Hauptstadt Lhasa
dann von den Dsungaren erobert, die später von den Chinesen
vertrieben wurden, welche danach Tibet als Protektorat behandelten.
Sie unterdrückten mehrere Aufstände der Tibeter blutig.
Im Jahr 1904 drang eine britische Militärexpedition gewaltsam
bis nach Lhasa vor, allerdings wurde dann im Jahr 1906 von Großbritannien
und im Jahr 1907 von Russland die chinesische Oberhoheit über
Tibet anerkannt.
Tibet: 1914 bis 1951 de facto unabhängig, dann ein Teil Chinas
Während
der chinesischen Revolution im Jahr 1911 konnten die chinesischen
Truppen aus Tibet vertrieben werden. Teile von Osttibet wurden auf
der Konferenz von Simla im Jahr 1914 China zugesprochen, der größte
Teil Tibets blieb dann aber bis 1950 de facto unabhängig. 1950
marschierten die Chinesen in Tibet ein und schlossen im folgenden
Jahr unter Vermittlung Indiens am 23.05. 1951 den chinesisch-tibetischen
Vertrag. Darin wird Tibet der Volksrepublik China eingegliedert,
allerdings wird ihm die innere Autonomie zugesichert. In der Folge
der 1959 niedergeschlagenen Aufstände wurde das hierarchische
System beseitigt.
Der Dalai-Lama als geistliche und politische Autorität
Flucht
nach Indien 1959
Der derzeitige
Dalai-Lama musste ebenfalls im Jahr 1959 nach Indien fliehen, wobei
ihn der mit ihm befreundete österreichische Alpinist und Reiseschriftsteller
Heinrich Harrer begleitete; dieser war 1944 aus englischer Internierung
in Indien nach Tibet geflüchtet und hatte einen Regierungsposten
in Lhasa erhalten. Besondere Bekanntheit erreichte diese Geschichte
in neuerer Zeit durch die Verfilmung seines Buches »Sieben
Jahre in Tibet« 1997 unter der Regie von Jean-Jaques Annaud
mit Brad Pitt in der Hauptrolle.
Sein Asyl fand der Dalai Lama in Dharamsala, wo er die Erziehung
tibetischer Flüchtlinge organisiert und sich für die Pflege
der Kulturtradition Tibets einsetzt. Er leitet die Exilregierung
Tibets, die allerdings bisher von keinem Staat der Welt anerkannt
wurde. Tibeter innerhalb und außerhalb Chinas sehen jedoch
in ihm ihr geistiges und politisches Oberhaupt.
Forderung
nach Autonomierechten
Seit 1980 befindet
sich der Dalai-Lama in Verhandlungen mit der chinesischen Regierung
wegen seiner Rückkehr und seines künftigen Status in Tibet.
Aufmerksamkeit zog der Dalai-Lama im Jahr 1988 auf sich, als er
einen Fünf-Punkte-Plan vor dem Europäischen Parlament
erläuterte. Dieser forderte die ethnischen, kulturellen und
religiösen Autonomierechte ein, die von der chinesischen Verfassung
nur formal garantiert wurden. Der Plan sah aber auch (erstmals)
vor, dass Tibet im Rahmen einer wirklichen Selbstverwaltung im chinesischen
Staatsverband verbleibt.
Einen schweren Rückschlag bedeutete die Niederschlagung der
Demokratiebewegung durch die chinesische Führung beim Massaker
auf dem Platz des himmlischen Friedens im Jahr 1989. Die Gespräche
des Dalai-Lama mit der chinesischen Regierung wurden für mehrere
Jahre unterbrochen und erst im Jahr 1992 wieder aufgenommen.
Friedensnobelpreis
Im Jahr 1989 erhielt der Dalai-Lama den Friedensnobelpreis. Dies
vor allem für seine Bemühungen, die tibetische Frage durch
einen Kompromiss und auf friedlichem Wege zu lösen. Stets sah
sich der Dalai-Lama dabei aber auch in den Folgejahren dem direkten
und indirekten Druck der chinesischen Regierung ausgesetzt. So wurde
er auf deren Veranlassung im Jahr 1993 von der UNO-Menschenrechtskonferenz
in Wien ausgeschlossen, was weltweite Proteste hervorrief.
Niemand
will die chinesische Regierung verärgern
Am 04.05. 1995
wurde der Dalai-Lama vom damaligen Bundesaußenminister Klaus
Kinkel empfangen, allerdings als religiöser Führer und
Friedensnobelpreisträger und nicht als Politiker. Die Distanz,
die die deutsche Regierung mit Rücksicht auf die guten Beziehungen
zu China dem Dalai-Lama gegenüber an den Tag legte, wurde deutlich,
als Kinkel sich standhaft weigerte, einen Blumenkranz umzulegen,
den ihm der Dalai-Lama als Gastgeschenk mitgebracht hatte. Mittlerweile
wurde der Dalai-Lama auch von Vertretern der neuen Bundesregierung
empfangen, aber auch der grüne Außenminister Fischer
bleibt trotz seiner politischen Wurzeln im Kampf für Menschenrechte
diplomatisch und vorsichtig, um China, das wirtschaftlich und politisch
mächtige Reich im Osten, nicht zu verärgern.
Eine anerkannte
Autorität
Seit Anfang der
90er-Jahre ist der Dalai-Lama in vielen europäischen Ländern
zu Gast gewesen, um seine politischen Ziele zu erörtern. Er
setzt sich auf internationaler Ebene für Toleranz zwischen
den Religionen und Völkern und für die Wahrnehmung der
globalen Verantwortung der Menschheit ein. Der Dalai-Lama gilt in
aller Welt als einer der bedeutendsten religiösen Repräsentanten
der Gegenwart.
Allerdings ist zweifelhaft, ob sich die derzeitige chinesische Führung
zu einem größeren Entgegenkommen gegenüber dem Volk
der Tibeter und dessen religiösem Führer, dem Dalai-Lama,
durchringen kann. Denn trotz einer Öffnung in wirtschaftspolitischen
Fragen hin auf eine marktwirtschaftliche Ordnung ist, was die innere
politische Freiheit, die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Religionsausübung
angeht, in China in den letzten Monaten eher ein Rückschritt
festzustellen, wenn man sieht, wie gnadenlos etwa die Anhänger
einer religiösen Sekte in letzter Zeit von der chinesischen
Staatsmacht verfolgt wurden.
Auf der Folgeseite
finden sie Orginal-Bilder aus der Zeit, wo Tibet noch ein
eigenständiger Staat war. Die Bilder stammen noch vor
der Zeit, der chinesischen Besetzung.
Heinrich Harrer, bekannt durch das Buch und den Film "7
Jahre in Tibet", brachte diese Bilder mit nach Europa.
Erwähnt werden muß man auch, daß ihn bis
heute eine tiefe Freundschaft mit dem Dalai Lama verbindet.

Diese
Bilder sind im Internet einmalig!
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